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Nr. 99, Juli 2017 - Ihre Gesellschaft

Nach dem Häuserbrand in London: Grenfell Tower in Wuppertal

Nachdem Mitte Juni der Grenfell Tower, ein Hochhaus mit Sozialwohnungen, innerhalb von Minuten in Flammen aufgegangen ist und 80 Menschen sterben mussten, wurde bekannt, dass es auch in Deutschland Sozialwohnungen in ähnlich gefährlichem Zustand gibt. Ein Hochhaus in Wuppertal wurde bereits geräumt.

Was in London passiert ist, kann man nicht anders bezeichnen als Mord. Das Haus brannte so schnell, weil die verwendete billige Wärmedämmung hochentzündlich war. 2009 war bereits ein anderes Haus deswegen abgebrannt, wobei 6 Menschen starben. Doch die Immobilienkonzerne wurden nicht einmal gezwungen, von den anderen Hochhäusern die lebensgefährliche Wärmedämmung zu entfernen.

Die Regierungen haben in den letzten 30 Jahren die meisten Gesetze zum Brandschutz abgeschafft. Angeblich, um den Unternehmern „unnötige und investitionsfeindliche Bürokratie“ zu ersparen. Anders gesagt, damit die Unternehmer noch billiger bauen können.
Mit dem Ergebnis, dass der Grenfell Tower in London weder Sprinkleranlagen noch Brandschutz-Schleusen und kaum Feuertreppen hatte. Die Brandschutztüren waren obendrein seit langem kaputt, weil auch die Brandschutzkontrollen de facto abgeschafft worden waren.

Um den Immobilien-Konzernen möglichst geringe Kosten und hohe Profite zu ermöglichen, haben die britischen Regierungen die Hochhäuser für Ärmere also systematisch in Todesfallen verwandelt.
Zu alledem kommt noch ihre soziale Verachtung. Die Bewohner von Grenfell Tower, viele ärmere Arbeiter und Migranten, haben immer wieder auf den fehlenden Brandschutz hingewiesen. Die Behörden haben sie ignoriert.

Ja, die sind fast froh, dass nun der „Schandfleck“ aus dem eher reicheren Stadtteil verschwunden ist, in dem zum Beispiel der Fußballstar David Beckham oder Scheichs aus den Golf-Staaten wohnen. Obwohl in dem Stadtteil viele Wohnungen leer stehen, haben die Behörden den Bewohnern des abgebrannten Hochhauses nur Ersatzwohnungen in den armen Außenbezirken von London, ja sogar in 100 Kilometer entfernt liegenden Städten angeboten.

In Deutschland sind die Gesetze zum Brandschutz nicht wie in Großbritannien gelockert worden. Doch das hindert die Immobilienkonzerne nicht daran, ähnlich lebensgefährliche Hochhäuser zu vermieten – und die Behörden auch nicht, es zuzulassen.

Ende Juni wurde nun ein Hochhaus in Wuppertal geräumt, weil es eine Wärmedämmung wie der Grenfell Tower hat, die Flure zu eng gebaut sind und es nicht einmal eine Brandmeldeanlage gibt. Auch hier hatten sich die Bewohner schon seit langem bei den Behörden beschwert. Erst jetzt aber, nach der Katastrophe in London, reagieren sie.

Überall ist das kapitalistische System in seiner Profitlogik und seiner Verachtung für die Arbeitenden bereit zu morden.
Und deshalb gehören Wohnungsbau und Sicherheit, wie alle lebenswichtigen Bereiche der Gesellschaft, in die Hände der Allgemeinheit und unter die direkte Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung, die die Häuser letztlich baut und bewohnt.

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