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Nr. 38, Januar 2012 - Ihre Gesellschaft

Brustimplantate: eine „kapitalistische Vorgehensweise“

Weltweit tragen bis zu 500.000 Frauen mit brüchigen Brustimplantaten, die vielleicht Krebs auslösen, eine tickende Zeitbombe in sich. Denn jahrelang hat der weltweit drittgrößte Brustimplantat-Hersteller PIP (Poly Implant Prothèse) am Material gespart und statt medizinischem Silikon billigeres Industriesilikon verwendet.
Wissentlich und skrupellos hat der Unternehmer so die Gesundheit von hunderttausenden Frauen gefährdet. Er trägt die volle Verantwortung dafür. Es wäre daher selbstverständlich, dass PIP den Frauen, die nun in ständiger Angst leben müssen, die Entfernung und Ersetzung dieser gefährlichen Implantate bezahlt.

Doch um sich aus der Verantwortung zu ziehen, hat der Unternehmer vorgesorgt: Er hat ganz einfach sein Vermögen an die Familienangehörigen überschrieben und sagt nun, dass er „kein Geld“ hat, um irgendetwas zu zahlen.
Auch der große Mülheimer Chemikalienvertreiber Brenntag, der an PIP das Industriesilikon lieferte, sieht sich in keiner Verantwortung: Wie hätte er denn ahnen können, dass ein Brustimplantate-Hersteller das Industriesilikon… für Brustimplantate nutzt?

Obwohl die USA bereits im Jahr 2000 die Implantate von PIP nach Beschwerden und einer Überprüfung der Produktion verboten hatten und auch in der EU mehrere Warnungen bei Behörden eingingen, haben alle Instanzen in Europa vor den Machenschaften dieser großen Firma einfach die Augen verschlossen – von den französischen Behörden, über die Bezirksregierung Düsseldorf bis zum TÜV Rheinland.
Erst nachdem 2010 ein Arbeiter von PIP die Pfuscherei mit dem Industriesilikon anonym aufgedeckt hat, wurde dem Wahnsinn ein Ende gesetzt und der Betrieb geschlossen.

Ganz offen und dreist hat der Anwalt des Unternehmers von PIP erklärt, dessen kriminelles Vorgehen sei die normale „kapitalistische Vorgehensweise“. Ja, im Grunde ist die ganze Funktionsweise der kapitalistischen Wirtschaft kriminell. Der Profit ist in ihr das einzige, was zählt. Und dafür sind einige auch bereit, die Menschen bewusst zu vergiften.

Die Arbeitenden haben kein Interesse daran, auf Kosten der eigenen Gesundheit oder der ihrer Mitmenschen zu produzieren. Dieser Skandal führt erneut vor Augen, wie notwendig es ist, diese Unternehmer und ihr skrupelloses Profitstreben zu überwachen und eine wirkliche öffentliche Kontrolle über die Betriebe durchzusetzen. Und die Arbeitenden sind in der besten Position, um diese Kontrolle effektiv durchzuführen.

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