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Nr. 47, November 2012 - Ihre Gesellschaft

Roma: die Ausgestoßenen und Sündenböcke Europas

Es ist schon zynisch: Da weiht die CDU gerade ein Denkmal ein zum Gedenken an die halbe Million (!) Sinti und Roma, die der deutsche Staat zur Zeit des Faschismus ermordet hat. Und gleichzeitig überlegen dieselben Politiker, wie sie die paar tausend „lästigen“ Roma, die im letzten Jahr nach Deutschland gekommen sind, möglichst schnell wieder loswerden können.
Die Roma werden vom deutschen Staat fast wie Aussätzige behandelt, diskriminiert und aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Dabei sind viele von ihnen genau aus solchen Gründen aus ihrer Heimat in Osteuropa geflohen.

Dort waren sie schon immer eine der schwächsten Bevölkerungsgruppen, bekamen schon wegen ihrer Hautfarbe die schlechtesten Jobs, wurden von der Polizei misshandelt und überlebten oft nur mit dem Nötigsten. Doch die Folgen der Wirtschaftskrise der letzten Jahre trifft sie als die Schwächsten besonders hart. Sie verlieren als erste ihre Arbeitsplätze und fallen von der Armut ins absolute Elend.
Doch nicht nur das. Viele politische Parteien versuchen außerdem, mit rassistischer Propaganda die Roma zum Sündenbock und Blitzableiter zu machen für die Wut der Menschen über die Krise und die Armut. In Ungarn geht es so weit, dass politische Parteien regelrechte Pogrome gegen Roma-Viertel organisieren, bei denen die Bewohner angegriffen und ihre Häuser angezündet werden.
Und wenn sie davor zu fliehen versuchen und entweder als Asylsuchende oder – wenn sie aus Bulgarien oder Rumänien kommen – als EU-Bürger nach Westeuropa kommen, dann stoßen sie ebenfalls nur auf Ablehnung und Diskriminierung. In Italien müssen viele Roma-Familien auf Müllkippen hausen. Frankreich schmeißt sie immer wieder aus dem Land raus, obwohl sie EU-Bürger sind.
Und ein geregeltes Leben zu beginnen, dazu bekommen die Roma erst recht keine Chance. Denn Deutschland, Frankreich und einige andere EU-Länder verbieten selbst den Roma, die EU-Bürger sind, zu arbeiten. Sie dürfen sich also ihren Lebensunterhalt nicht durch normale Arbeit verdienen.

Dadurch geraten sie fast automatisch in die Hände von Mafia-Clans, die ihnen wie in Duisburg-Hochfeld Zimmer zu Wucherpreisen vermieten, sie zwingen, schwarz als Tagelöhner zu arbeiten, auf Schlachthöfen, auf dem Bau… oder in der Prostitution.

Nicht umsonst nennt man die Roma, die in ganz Europa ausgestoßen, diskriminiert und verfolgt werden, Juden des 21. Jahrhunderts. Und es ist widerwärtig, dass wortführende Politiker von CDU und SPD versuchen, uns gegen diese Schwächsten der Gesellschaft, gegen die ersten Opfer der heutigen Krise aufzuhetzen.
Dabei sind es sicher nicht sie, sondern eben diese Politiker und vor allem die Kapitalisten, von denen wir tatsächlich Verschlechterungen und Unsicherheit für unser Leben zu befürchten haben.

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