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Nr. 70, Dezember 2014 - Leitartikel

Unser Sparen macht nur die Aktionäre reicher

Seit Wochen redet die Regierung kaum noch von etwas anderem als von ihrer „schwarzen Null“. Davon, dass sie im nächsten Jahr zum ersten Mal seit 1969 keine neuen Schulden machen würden. Und sie tun glatt so, als müssten wir uns darüber freuen. Als würden sie damit der arbeitenden Bevölkerung irgendwas Gutes tun.

Worüber sollen wir uns freuen? Dass die Regierung, um auf ihre schwarze Null zu kommen, 2,5 Milliarden bei den Krankenkassen kürzt? Dass sie eine PKW-Maut einführen will? Dass sie die Soli-Steuer in alle Ewigkeiten verlängert? Dass sie nicht einen Cent mehr für Personal in Altenheimen, Schulen, Krankenhäusern ausgeben will?

Dass sie weiter viele Ausgaben einfach den Kommunen überlässt, und so viele Kommunen auch 2015 wieder zwingt, überall einzusparen und alles teurer zu machen: Fahrkarten, Eintrittspreise, Grundsteuer, Müllgebühren… wodurch wieder weniger von Lohn und Rente übrig bleibt.

Nein, für die arbeitende Bevölkerung ist auch der neue Haushalt der Regierung keine „schwarze Null“, sondern ein weiteres rotes Minus. Ein weiteres Jahr, in dem wir noch mehr Geld für Nebenkosten und Medikamente auftreiben müssen, noch weniger Geld übrig haben, während die nächsten Grundschulen und Jugendzentren für unsere Kinder geschlossen werden.

Doch während die arbeitende Bevölkerung sich zur angeblichen Bekämpfung der Schulden weiter einschränken muss, wirft die Regierung im Namen eben dieser Schulden das Geld Banken und Millionären nur so in den Rachen.

Denn wenn die Regierung keine „neuen“ Schulden machen will: Da sind ja immer noch die fast 2.000 Milliarden Euro, die der Staat in der Vergangenheit an Schulden aufgehäuft hat! Und für diese Schulden zahlt er jedes Jahr Unsummen an Zinsen, und zwar an Banken und reiche Privatleute, die dadurch ein dickes Geschäft machen.

Über 45 Milliarden Euro betragen nämlich diese Zinsen zurzeit, 28 beim Bund und den Rest in Ländern und Städten. Über 45 Milliarden Euro, die jedes Jahr aus den öffentlichen Kassen in die Taschen der Banken und Reichen verschwinden.
Ihre ganze „schwarze Null“ bedeutet also nur eins: Die Regierung hat es geschafft, so viel bei der arbeitenden Bevölkerung wegzunehmen, dass sie den Bankern die Milliarden Zinsen zahlen kann, ohne dafür neue Schulden machen zu müssen.

Doch es nicht einmal sicher, dass dies lange ausreichen wird. Denn längst sind die Kapitalisten dabei, die nächsten Milliarden-Löcher in die öffentlichen Kassen zu reißen:

Ikea, die Deutsche Bank, E.ON, Amazon und andere Konzerne sind schon dabei, die nächsten Gewinne nach Luxemburg oder in eine andere Steueroase zu schaffen, wodurch dem Staat weitere hunderte Millionen an geplanten Steuereinnahmen verloren gehen. E.ON und Co. bereiten sich darauf vor, alle ihre Atomkraftwerke, mit denen sie nun fast zwanzig Jahre lang gigantische Gewinne gemacht haben, zur Entsorgung dem Staat zu „schenken“ – was den Staat Milliarden kosten wird.

Und erst der massenhafte Stellenabbau und die Werksschließungen bei Siemens, Opel, ThyssenKrupp, Karstadt oder RWE! Sie bedrohen vor allem die Existenz von zehntausenden Arbeitenden. Aber sie reißen auch neue Löcher in die Renten-, Kranken- und Arbeits­losenkassen sowie in die Kassen der Städte.

Ganz zu schweigen davon, was passiert, falls die wirtschaftliche Lage sich verschärft, oder ihre wahnsinnige Spekulation gar zu einer neuen Finanzkrise wie 2008/2009 führt. Bei der letzten hat sich der Staat auf einen Schlag um 200 Milliarden zusätzlich verschuldet, um die spekulierenden Banken und Konzerne vor der Pleite zu retten.

Das ist ein Fass ohne Boden! Genauso, wie die Kapitalisten in den Betrieben nie aufhören, immer weiter Stellen abzubauen und uns immer stärker auszupressen, um ihre Gewinne zu erhöhen – genauso wenig werden sie aufhören, die öffentlichen Kassen im Interesse ihrer Profite auszuplündern… und uns dafür die Rechnung zu präsentieren.

Wir Arbeitenden dürfen uns für die Schulden der kapitalistischen Klasse nicht verantwortlich fühlen. Wir haben die Schulden nicht gemacht, und wir haben auch nie einen Cent davon gesehen: Unsere Straßen, Krankenhäuser, der öffentliche Nahverkehr und die Schulen unserer Kinder sind schließlich nicht besser geworden. Im Gegenteil.

Es gibt also keinen Grund, warum wir für die Schulden unserer Ausbeuter bezahlen sollten.

Das Rote Tuch
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