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Nr. 54, Juni 2013 - Ihre Gesellschaft

Flutopfer: Was kommt, wenn das Wasser weg ist

In weiten Teilen Ost- und Süddeutschlands müssen viele Menschen mit ansehen, wie nach der „Jahrhundertflut 2002“ nun bereits zum zweiten Mal ihre persönlichen Gegenstände und Erinnerungen, ihre Häuser, kleinen Geschäfte und Höfe von den Wassermassen ruiniert werden. Tag und Nacht versuchen sie zu retten, was zu retten ist.

Das schlimmste steht vielen Flutopfern jedoch erst bevor. Nach 2002 nämlich haben die Versicherungskonzerne hier jede Versicherung gegen Überflutung so teuer gemacht, dass sie sich kaum noch einer leisten konnte. Diese milliardenschweren Konzerne, die fleißig Beiträge kassieren, um Menschen angeblich vor Risiken zu schützen, sorgten so schon vorab dafür, dass sie dieses wirkliche Risiko nicht tragen müssen. Die Mehrheit der Flutopfer wird daher nicht einen Cent von den Versicherungen sehen.

Und was die 100 Millionen Euro Soforthilfe angeht, die Merkel als schöne Geste im Wahlkampf versprochen hat: Kaum hatte sie es gesagt, da standen schon die Unternehmerverbände auf der Matte. Und Wirtschaftsminister Rösler hat ihnen sofort schriftlich zugesichert, dass ein ganzer Teil der 100 Millionen Euro an die betroffenen Betriebe gehen wird, die bis zu 50% ihrer Schäden ersetzt bekommen. Außerdem soll es weitere Programme für die Wirtschaft geben, aus denen, wie man aus Erfahrung weiß, vor allem die größeren Betriebe und Höfe bedient werden.

Für die einfache Bevölkerung hingegen, für Privatleute und kleine Selbstständige sieht es schlechter aus: In Thüringen und Sachsen gibt es 400 Euro für jedes erwachsene Flutopfer. Das ersetzt natürlich nicht einmal einen Bruchteil der Schäden. Und ob sie später nochmal was bekommen werden, steht in den Sternen.
Sicher jedenfalls ist, dass sich viele – zum zweiten Mal – verschulden müssen, um ihre Wohnungen wieder herzurichten. Und nicht wenige Selbstständige bangen um ihre Existenz.

Auch steht in den Sternen, wo gerade in den ärmeren Regionen Ostdeutschlands die Milliarden herkommen sollen, um die Schulen, Krankenhäuser und Straßen wieder instand zu setzen.
Viele ganz normale Menschen bemühen sich heute, die Betroffenen zu unterstützen. Zehntausende haben sich freiwillig gemeldet und bauen zusammen mit den Einsatzkräften Tag und Nacht Dämme, bringen in Not Geratene in Unterkünfte oder helfen bei Räumarbeiten. Andere spenden Geld. Ihr Einsatz und ihre Hilfsbereitschaft mildern die sofortigen Folgen der Naturkatastrophe für viele Betroffene deutlich ab.

Doch der gewinnorientierte Egoismus von Versicherungskonzernen und Großbetrieben und der Mangel an öffentlichen Geldern führt dazu, dass die Flut nachträglich dennoch zu einer sozialen Katastrophe wird.

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