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Nr. 52, April 2013 - Leitartikel

10 Jahre danach: Der Angriffsplan hinter HartzIV geht weiter

10 Jahre ist es her, seit Gerhard Schröder im März 2003 die Einführung von HartzIV und der Agenda 2010 verkündet hat. Wer hätte sich damals träumen lassen, wie schnell sich seitdem unser aller Arbeitsbedingungen verschlechtern würden? In was für einem erschreckenden Tempo sich Leiharbeit, Niedriglöhne, Armut und die ständige Angst vor der Arbeitslosigkeit ausbreiten würden?

Hinter HartzIV steckte ein ausgeklügelter und umfassender Angriffsplan von Regierung und Unternehmern, den sie etappenweise durchgesetzt haben. Im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit“ der deutschen Wirtschaft und zur angeblichen Schaffung von Arbeitsplätzen wurden 2002 zunächst die Gesetze HartzI, HartzII und HartzIII angekündigt, 2003 dann HartzIV.
Jedes dieser Gesetze brachte neue Verschlechterungen. HartzI schaffte quasi alle Beschränkungen der Leiharbeit ab. HartzII weitete die Möglichkeiten von Minijobs und Niedriglöhnen aus.

Und dann sorgte man dafür, dass die Unternehmen nun auch genug Arbeitende finden, die zu diesen schlechten Bedingungen arbeiten. Mit HartzIII verschärfte die Regierung die Strafen und damit den Druck auf Arbeitslose, die sich weigern, eine schlechte Arbeit anzunehmen. Und mit dem HartzIV-Gesetz lieferte sie den Unternehmen auf einen Schlag Millionen Arbeitende, die diese Mini- und Leihjobs und Niedriglöhne annehmen müssen.

Unter dem widerwärtigen Vorwand, dass Millionen Arbeitslose nur deshalb keine neue Arbeit annehmen würden, weil sie mit dem Arbeitslosengeld jahrelang so komfortabel leben könnten, streicht man nun allen, egal wie lang sie vorher gearbeitet und Beiträge bezahlt haben, nach 12 Monaten Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld und steckt sie in HartzIV. Und dort müssen sie jede Arbeit annehmen, auch für 5 Euro die Stunde, auch für 400 Euro im Monat oder für 3 Monate befristet.

Jeder von uns erlebt, wie die Drohung, arbeitslos zu werden und in HartzIV zu rutschen, als Schatten über allen schwebt.
Um diese Angst vor der Arbeitslosigkeit voll und ganz ausnutzen zu können, haben Unternehmer und Regierung kurz nach den Hartz-Gesetzen außerdem die sogenannten „Öff-nungsklauseln“ durchgesetzt, mit denen Unternehmen schlechtere Löhne und Arbeitsbedingungen als im Tarifvertrag einführen können. Mit Öffnungsklauseln und HartzIV ist es für die Unternehmen noch viel leichter geworden, von den Arbeitenden immer neuen Verzicht und neue Verschlechterungen zu erpressen.

Heute ist für alle offensichtlich, dass das Argument, die Agenda 2010 schaffe Arbeitsplätze, einzig ein Vorwand war, um ein Ausbeutungsparadies für die Unternehmer zu schaffen und normale Jobs in schlecht bezahlte, unsichere und auslaugende Arbeitsplätze umzuwandeln. Mit ihr sind die Kapitalisten ihrem Wunschtraum, dass es irgendwann gar keine festen Arbeitsverträge mehr gibt, dass sie uns billig zu ihrer Verfügung haben und jederzeit heuern und feuern können, ein ganzes Stück näher gekommen.

Und dieses Ziel werden sie weiter verfolgen. Zwar sehen sich angesichts der schreienden Unterschiede zwischen den explodierenden Gewinnen und der sich ausbreitenden Armut derzeit nicht nur SPD und Grüne, sondern sogar die CDU dazu gezwungen, im Wahlkampf kleine „soziale Korrekturen“ an der Agenda 2010 zu versprechen. Doch wir können sicher sein, dass sie in Wahrheit alle schon die nächsten Angriffe für die Zeit nach der Wahl planen.

Gegenüber den Kapitalisten und Regierungen, die ihre Angriffe auf uns mit klarem Ziel vor Augen systematisch planen, brauchen wir Arbeitenden wieder unseren eigenen Plan. Wir müssen uns gemeinsam Gedanken machen, welche Maßnahmen, welche Veränderungen wir brauchen, damit sich für uns die Abwärtsspirale zu drehen aufhört. Damit wir, die produktive Klasse dieser Gesellschaft, nicht täglich mit der Angst um unsere Existenz leben müssen.
Und wir müssen uns darüber austauschen, wie wir die größten Chancen haben, diese Maßnahmen gegen die Herrschenden durchzukämpfen und was wir heute dafür tun können und müssen. Nur so können wir wieder aus Rolle des Opfers herauskommen, das man ständig überrumpelt und überfällt.

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