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Nr. 41, April 2012 - Leitartikel

Wir Arbeitende oder die Kapitalisten, das ist die eigentliche Wahl

Der Wahlkampf hat begonnen. Und nun versuchen uns alle Parteien davon zu überzeugen, welch großen Unterschied es für unser Leben mache, wenn gerade ihre Partei in NRW an die Regierung käme.
Oh ja, für Leben und Karriere einiger Politiker macht dies sicher einen großen Unterschied. Auch für die Bundesregierung ist nicht egal, welche Partei im bevölkerungsreichsten Bundesland die Wahl gewinnt. Und so entdecken die großen Parteien im Wahlkampf auf einmal Themen, über die sie sonst schweigen, reden von der Praxisgebühr, von den Spritpreisen…

Während sie auf Landes- und Bundesebene Wahlkampf machen, führen sie in den Städten von NRW vor, wie ihre eigentliche Politik aussieht. Hier heißt es: „Für 3% mehr Lohn für Krankenschwestern und Straßenkehrer ist kein Geld da. Wir müssen stattdessen Stellen streichen und sparen. Wir müssen die Schulden bremsen.“

Und genau so wird es nach der Wahl auch auf Landesebene weitergehen: Arbeitsplatzvernichtung, Lohndrückerei, Einsparungen im Öffentlichen Dienst, bei allem was der Bevölkerung nutzt… im Namen der „Bekämpfung der Schulden“. Das ist das Programm aller möglichen Regierungsparteien. CDU und FDP brüsten sich offen damit. Doch auch für SPD, Grüne oder Piratenpartei ist es selbstverständlich, dass das öffentliche Geld dazu benutzt wird, die Schulden und deren Zinsen an die Banken zu zahlen – und dass man es dafür der arbeitenden Bevölkerung wegnimmt!

Warum aber sollte es selbstverständlich sein, dass die arbeitende Bevölkerung für die Schulden bezahlt? Wurden diese Schulden etwa für sie gemacht? Sind die Schulen, die öffentlichen Verkehrsmittel, die Löhne verbessert worden? Nein, WIR haben nicht einen Cent von diesem Geld gesehen, im Gegenteil.
Diese Schulden haben alle Parteien für die „Rettung“ der Banken gemacht, sie wurden für die Kapitalisten gemacht und für Steuergeschenke an die Reichsten. Warum sollten wir diese Schulden der Bosse zahlen? Zahlt etwa unser Chef die Raten, wenn wir Schulden machen?

Die Reichsten der Reichen, die Kapitalisten sollen die Raten für ihre Schulden selbst bezahlen! Dann nämlich wäre mehr als genug Geld in den öffentlichen Kassen. Allein von den jährlichen Zinsen, die Land und Kommunen für die Schulden zahlen, könnte man in NRW 145.000 Arbeitsplätze zu 1500 Euro Netto schaffen!

Wenn wir also nicht mehr akzeptieren, die Schulden der Kapitalisten zu zahlen, wenn wir im Gegenteil alle Geschenke an sie, alle Steuervergünstigungen, alle Subventionen und Hilfspakete zurückverlangen, wäre es kein Problem mehr, massenhaft Arbeitsplätze in Krankenhäusern, Kindergärten, Altenheimen, Schulen zu schaffen. Der Öffentliche Dienst könnte auch Bauarbeiter und Handwerker einstellen, um die Straßen instand zu setzen, um Schulen und Krankenhäuser zu renovieren, um moderne, kostengünstige Wohnungen zu bauen. Er könnte an Stelle von 1-Euro-Jobs und niedrigen Löhnen allen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst Löhne zahlen, von denen man vernünftig leben kann. Solche Maßnahmen würden tatsächlich unser Leben verändern.

Doch das bedeutet, dass man sich mit den Banken und Konzernen, mit den Kapitalisten anlegen muss. Dass man sie zwingen muss, von ihren Gewinnen und ihren riesigen aufgehäuften Vermögen einen Teil herauszurücken, damit er für die Bevölkerung genutzt wird, statt für die Spekulation und ihre sonstigen parasitären Beschäftigungen.
Keine der Parteien jedoch, die uns regieren wollen, würde auch nur diesen Gedanken zulassen. Für sie alle gilt, dass lieber die Bevölkerung verelenden soll, als das man die heiligen Rechte und Gewinne der Kapitalisten antastet.

Umso wichtiger ist es, dass wir Arbeitenden wieder anfangen, uns selber in die Politik einzumischen. Dass wir unsere eigenen Forderungen aufstellen und sie auf viel effizientere Weise verteidigen als alle paar Jahre mit einem Wahlzettel. Wir besitzen nämlich ein viel wirksameres Machtmittel:
Wir Arbeitenden halten die gesamte Wirtschaft in der Hand und können so, wenn wir gemeinsam und konsequent streiken, die herrschende Klasse unter Druck und in Angst versetzen. Und dies ist jedenfalls realistischer als zu hoffen, dass es durch Wahlen besser oder auch nur nicht schlechter werden könnte.

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