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Nr. 62, März 2014 - Ihre Gesellschaft

Gewerkschaftsführung: Verteidiger der Arbeitenden oder der Unternehmer?

Dass die Konzerne immer dreist nach Geld vom Staat schreien, das kennen wir nicht anders. Dass sie nun die sogenannte „Energiewende“ als den neusten Vorwand nutzen, um vom Staat Hilfsgelder geschenkt zu bekommen, wundert einen auch nicht. Doch von wem erhalten sie dabei Schützenhilfe? Von der Gewerkschaftsführung der IG Metall und der IG BCE!

Diese machen eine regelrechte Kampagne in den Betrieben, in der sie fordern, dass E.ON und RWE Hilfsgelder vom Staat bekommen sollen und vor allem, dass die Stahl-, Alu- und Chemiebetriebe weiter ihre Millionen-Rabatte bei der Stromsteuer bekommen sollen – obwohl diese Rabatte den Strom für die privaten Verbraucher noch teurer machen. Ihr Argument: Ohne staatliche Subventionen würden die Produktionskosten für die Konzerne in Deutschland zu teuer, und das würde die Arbeitsplätze gefährden. Sie tun also noch so, als wäre dies eine Forderung für die Arbeiter.

Arbeiterfamilien mit geringem Einkommen, alleinerziehende Mütter, arme Rentner, die alle beim Strom sparen müssen, würden von einer solch engagierten und tatkräftigen Verteidigung träumen. Doch da können sie lange warten. Stattdessen erleben sie, wie die Gewerkschaftsführung als Anwalt der Bosse und Konzerne auftritt. Das ist sicher nicht, was sich die meisten unter einer Gewerkschaft vorstellen.

Die Kapitalisten haben schon alle Möglichkeiten. Sie besitzen nicht nur die Produktionsmittel, das heißt die Fabriken, Kraftwerke, Bergwerke und Banken, sondern sie besitzen auch die Medien. Und damit können sie ihre Ansichten ständig verbreiten lassen, können ihre Forderungen als gut für die Bevölkerung hinstellen und ihre kapitalistischen Interessen als Interessen des gesamten Volkes.
Und die Gewerkschaften, einst gegründet als Sprachrohr und Kampforgan der Arbeitenden, sind ein weiteres Medium geworden, das die Ansichten des Bürgertums bei den Arbeitenden verbreitet.
Sie beten genau das nach, was auch die Bosse erzählen: Dass die Unternehmer viel Gewinn machen müssten, denn nur dann würden sie die Arbeitsplätze erhalten. Dass deshalb auch die Arbeitenden ein Interesse daran haben müssten, dass ihr Betrieb möglichst „wettbewerbsfähig“ ist.
Als ob die ganzen letzten Jahre nicht bewiesen hätten, dass dies nicht stimmt! Als ob die Konzerne nicht trotz hoher Wettbewerbsfähigkeit, Rekordgewinnen und staatlicher Hilfen ständig entlassen, Abteilungen verkauft oder sie geschlossen hätten!
Doch das hindert die Gewerkschaftsführung nicht daran, diese Lüge trotzdem zu wiederholen und außerdem für „ihre“ Unternehmen bei der Regierung um Geld zu betteln.

Nicht, dass die Konzerne dafür auf die Hilfe der Gewerkschaften angewiesen wären. Geld schenkt der Staat den Konzernen schon von alleine. Aber die Gewerkschaften tragen mit dieser Kampagne dazu bei, die Arbeitenden zu verwirren und zu entwaffnen. Denn sie verbreiten die Idee, dass wir Arbeitenden gemeinsame Interessen mit unseren Ausbeutern hätten. Und dass es erst „unserem“ Betrieb gut gehen müsse, bevor wir etwas fordern dürften, bevor wir höhere Löhne oder Festeinstellungen verlangen dürften.
Das aber heißt, dass wir letztlich nie was fordern dürften. Denn den Konzernen geht es nie gut genug. Und sie haben auch immer noch irgendwo einen Konkurrenten, der angeblich billiger produziert als sie.

Mehr noch: Indem auch die Gewerkschaften diese Logik der Bosse unterstützen, dass die Betriebe „zu hohe Kosten“ hätten und international „wett-bewerbsfähig“ bleiben müssten, helfen sie den Konzernen direkt bei ihren Angriffen auf die Arbeitenden. Sie unterstützen genau die erpresserische Propaganda, mit der RWE und E.ON gerade die Vernichtung von 20.000 Arbeitsplätzen rechtfertigen und mit der auch andere Konzerne immer wieder Entlassungen, Lohnsenkungen und mehr Arbeit von den Arbeitenden erpressen.

Wenn wir uns also auf diese Logik einlassen, dass wir verzichten müssen, damit die Konzerne wettbewerbsfähig bleiben und Gewinne machen, dann heißt das zu akzeptieren, dass wir immer und immer ärmer werden, dass immer mehr von uns arbeitslos oder Leiharbeiter werden, dass die öffentlichen Kassen immer leerer werden – einzig, damit die Unternehmer und ihre Aktionäre immer und immer reicher werden.
Und es bedeutet auch, dass wir Arbeitenden uns gegeneinander ausspielen lassen, weil die Arbeitenden in einem Betrieb ständig „konkurrenzfähiger“, das heißt schneller und billiger sein sollen als die Arbeitenden anderer Länder, anderer Unternehmen, anderer Standorte der gleichen Firma und sogar als die Nachbarabteilung.

Darauf dürfen wir uns nicht einlassen. Im Gegenteil, gegen diese Konkurrenz-Spirale abwärts müssen wir Arbeitenden es wieder schaffen, zusammenzuhalten und gemeinsam für unsere Interessen zu kämpfen; für Maßnahmen, die nicht die Profite unserer Ausbeuter, sondern unser aller Arbeitsplätze und Löhne, unsere Existenz verteidigen. Und Gewerkschaften, die ihren Namen verdienen, würden sich dafür einsetzen.

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