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Nr. 76, Juni 2015 - Ihre Gesellschaft

Auslagerung, Billiglöhne: Der unbefristete Streik ist die richtige Antwort!

Mittlerweile streiken 16.000 Arbeitende der Post unbefristet gegen die massive Lohndrückerei, die die Deutsche Post im Paketdienst begonnen hat. Die Post hat dafür eine extra Tochterfirma gegründet (DHL Delivery). Tausende befristet Beschäftigte hat sie schon gezwungen, in diese neue Tochter zu wechseln, und neue Paketboten werden nur noch über Delivery eingestellt.
Zum Teil trennt nur ein schwarz-gelber Streifen auf dem Fußboden die beiden „Firmen“: Auf der einen Seite arbeiten die Paketzusteller, die noch einen Festvertrag bei der Post haben. Und auf der anderen Seite machen jetzt die von Delivery exakt die gleiche Arbeit – für 20% weniger Lohn.

Empört über diese dreiste Lohndrückerei, streiken viele Arbeiter mit, die davon gar nicht direkt betroffen sind: Paketzusteller mit Festverträgen bei der Post, Briefzusteller und viele Arbeiter der Postverteilzentren.
Ihnen allen nämlich ist klar: DHL Delivery ist erst der Anfang. Wenn die Post damit durchkommt, sind morgen die nächsten dran. Schon heute lässt die Post schließlich keinen Tag aus, um ihnen allen zu erzählen, dass ihre Löhne angeblich zu hoch wären und die Post daran kaputt gehen würde.

Von wegen! Die Post macht Milliardengewinne, den größten Teil davon in eben der Paketbranche, in der sie jetzt die Niedriglöhne eingeführt. Doch die Post will ihren Großaktionären Jahr für Jahr höhere Dividenden (Gewinn-Ausschüttungen) zahlen. Vor zwei Jahren hat sie 14% mehr Dividende gezahlt, letztes Jahr noch einmal 6% mehr... Und das Geld für diese Erhöhungen der Dividenden wollen sie sich bei den Löhnen holen.
DHL Delivery soll für die Post nur der Einstieg sein, um nach und nach überall Niedriglöhne einzuführen. Deshalb ist die Post entschlossen, den Streik zum Scheitern zu bringen. Sie versucht Aushilfen und die letzten Beamten einzusetzen, um einen Teil der Arbeit zu machen. Streikende werden zuhause angerufen, unter Druck gesetzt, bedroht… Vor allem aber versucht sie die Streikenden zu entmutigen, indem sie jeden Tag mehrmals öffentlich wiederholt, dass der Streik gar keine Auswirkungen habe, dass fast alle Briefe und Pakete problemlos zugestellt würden, dass sie ruhig noch drei Monate weiter streiken könnten.

Im Moment begegnen die Streikenden dieser Propaganda mit Humor. „Wenn die Post wirklich so problemlos ohne unsere Arbeit klar käme, dann hätte sie uns schon längst entlassen“, scherzen sie. Und schließlich haben sie noch andere Informationsquellen als den Vorstand der Post: Kollegen, die nicht mit streiken, zum Beispiel weil sie Beamte sind, und die ihnen erzählen, wie viele nicht bearbeitete Säcke mit Post sich tatsächlich jeden Tag stapeln und mehrere Tage liegen bleiben.

Was den Streikenden auch Mut macht, sind die positiven Reaktionen auf ihren Streik, die sie erleben. Gerade in den Arbeitervierteln haben viele Postboten bei der Ankündigung des Streiks zu hören bekommen: „Richtig so! Bei uns in der Firma machen sie genau dieselben Sauereien. Gut, dass sich endlich mal jemand dagegen wehrt.“
Und es stimmt: In welchem Betrieb versuchen sie nicht, Teile der Arbeitenden in Tochterfirmen auszulagern oder sie durch Fremdfirmen oder Leiharbeit zu ersetzen, wo die Arbeitenden alle deutlich schlechter bezahlt werden?
Der Streik der Post-Beschäftigten ist damit auch eine Botschaft an alle Bosse, und eine Ermunterung für uns Arbeitende. Umso mehr brauchen sie angesichts der unnachgiebigen Haltung des Post-Vorstandes die Solidarität und Unterstützung aller Arbeitenden.

Das Rote Tuch
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