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Nr. 12, Juli 2009 - Ihre Gesellschaft

Oettinger und die Mehrwertsteuer: Dachte er, die Wahl wäre schon vorbei?

Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsident Oettinger hat aus Versehen ausgeplaudert, was vielleicht erst nach der Wahl hätte bekannt werden sollen: Die CDU-Fraktion denkt über eine deutliche Erhöhung der Mehrwertsteuer nach.

Bei der letzten Bundestagswahl hatten der CDU die vorherige Ankündigung, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, empfindliche Stimmverluste eingebracht. Entsprechend beeilte sich Angela Merkel jetzt, das Gegenteil zu versichern. Doch keiner glaubt ihr so recht.
Denn jedem ist bewusst, dass die paar Monate vor der Wahl nur eine kurze Atempause seitens der Regierung sind, und die Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung danach umso heftiger wieder einsetzen.

Die ungerechteste Steuer

Und das erste, was ihnen dabei einfällt, ist ausgerechnet die ungerechteste Steuer zu erhöhen! Ungerecht, weil nur die privaten Verbraucher voll von der Mehrwertsteuer betroffen sind, während die Betriebe durch ein ausgeklügeltes Steuersystem von ihr befreit sind.
Ungerecht, weil die einfache Bevölkerung den Großteil von ihr aufbringen muss: Das meiste Geld aus der Mehrwertsteuer stammt nämlich nicht aus den Käufen von Luxusautos und Diamanten, sondern aus den täglichen notwendigen Einkäufen der Arbeitenden, Rentner und Arbeitslosen.

Ungerecht auch aus einem weiteren Grund: Bei der Einkommenssteuer hängt der Steuersatz wenigstens ein Stück weit von der Höhe des Gehalts ab. Bei der Mehrwertsteuer zahlt der Millionär, der sich ein teures Gemälde kauft, denselben Satz wie die Mutter, die Milch holen muss. Damit belastet sie die am meisten, die wenig haben.
Gerade weil sie für alle gleich hoch ist, gehört die Mehrwertsteuer zu den ungerechtesten Steuern, zusammen mit all den anderen sogenannten „indirek-ten“ Steuern auf den Verbrauch, wie die auf Benzin.

Und gerade diese besonders ungerechten indirekten Steuern werden von allen Regierungen immer weiter angehoben. Das ist ja auch weniger sichtbar: Bei der Einkommenssteuer weiß jeder sofort, wie viel er zahlt. Aber wer rechnet schon nach, wie viel er im Monat von seinem Brot und der Stromrechnung an Steuern zahlt?

Steuern auf Reichtum, nicht auf Reis !

Auf diese Weise ist alleine die Mehrwertsteuer jetzt schon die größte Einnahmequelle des Staates geworden, noch vor der Einkommenssteuer! Dabei wäre es angesichts der Kaufkraft, die immer weiter sinkt, im Gegenteil nötig, alle indirekten Steuern drastisch zu senken. Damit sich die einfache Bevölkerung wenigstens das Notwendige kaufen kann, was sie zum Leben braucht.

Das ginge nicht? Und ob! Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie Oettinger sie vorschlägt, würde dem Staat gerade einmal 4,5 Milliarden Euro mehr im Jahr einbringen.
Eine lächerliche Summe, vergleicht man sie mit den rund 150 Milliarden Euro, die eine Vermögenssteuer von 5% nur für die 880.000 Millionäre in Deutschland einbringen würde... und die diese kaum spüren würden.

Das hat sogar eine kleine Gruppe von 23 Millionären der Regierung vorgeschlagen. Lehmkuhl, ein Sprecher dieser Gruppe, gab dabei selber zu: „Die-se Abgabe bedeutet für uns keinen Weltuntergang“.
Doch ein Oettinger antwortet: Warum sollte man 150 Milliarden von den Reichen nehmen – wenn man 4,5 Milliarden von den Armen bekommen kann?

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