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Nr. 94, Februar 2017 - Internationales

Rumänien: Nach den erfolgreichen Protesten gegen die Regierung – wie weiter?

Seit mehreren Wochen gehen in Rumänien Menschen gegen die Regierung auf die Straße. Letzte Wochen waren es Hunderttausende. Sie forderten, dass die sozialdemokratische Regierung ein Gesetz zurückzieht, was sie ganz diskret durchsetzen wollte. Nach diesem Gesetz sollten Politiker nicht mehr für Korruption bestraft werden, und bereits verurteilte Politiker sollten eine Amnestie erhalten!
Die Korruption durchzieht in Rumänien alle Behörden, von der örtlichen Polizeiwache bis zum Parlament. Die Leidtragenden sind die einfache Bevölkerung. Es fängt schon damit an, dass sie die Bestechungsgelder für eine Grundstücksurkunde oder eine OP im Krankenhaus oft nicht aufbringen können. Vor etwas über einem Jahr waren bereits über 100.000 Menschen gegen die Korruption auf die Straße gegangen, nachdem 64 Menschen bei einem fürchterlichen Feuer in einer Diskothek gestorben waren, die der Besitzer mit ein bisschen Schmiergeld hatte öffnen dürfen, obwohl es keine einzige Brandschutz-Maßnahme dort gab.

Nachdem die Proteste der letzten Wochen immer weiter angewachsen waren, hat die rumänische Regierung ihr geplantes Gesetz zurückgenommen. Doch noch immer gehen in Rumänien Leute auf die Straße. Denn im Grunde geht es um mehr als um das Gesetz. Es geht um die Unzufriedenheit, vor allem über die Armut, an der sich entgegen der Hoffnungen Vieler auch mit dem Beitritt zur EU nichts geändert hat. Der EU-Beitritt hat hauptsächlich den deutschen, österreichischen und französischen Unternehmen, vor allem den Handelsketten neue Absatzmärkte beschert und es den westlichen Banken noch einfacher gemacht, den Menschen in Rumänien Kredite anzudrehen und seitdem über die Zinsen jeden Cent aus ihnen herauszusaugen, was sie noch ärmer macht.
Was man hoffen kann ist, dass die erfolgreichen Proteste einem Teil der Bevölkerung in Rumänien Lust gegeben haben, sich mehr einzumischen. Denn über die schockierenden Korruptions-Affären der Politiker hinaus ist es nötig, dass insbesondere die Arbeiterklasse ihren eigenen Forderungen auf dem Gebiet der Löhne, der Arbeit und der Lebensbedingungen Gehör verschafft.

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