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Nr. 27, Januar 2011 - Ihre Gesellschaft

Wozu die Profitgier der Nahrungsmittelkonzerne führt

Riesige Mengen an Eiern und Schweinen, mit giftigem und krebserregendem Dioxin belastet, sind in die deutschen Läden und in die halbe Welt gelangt. Vergiftet hat sie die Firma Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein. Sie hat systematisch Fett an Tierfutterhersteller verkauft, das bis zu 100 mal mehr Dioxin enthielt, als erlaubt ist.

Die Firma hätte das dioxinverseuchte Fett nur als Industriefett verkaufen dürfen. Doch für Tierfutter lässt es sich doppelt so teuer verkaufen. Aus reiner Profitgier haben sie also wissentlich die Verbraucher vergiftet.
Und keiner weiß, wie lange schon. Denn niemandem fiel es auf: Weder den Betrieben, die dieses Fett zu Tierfutter verarbeiteten, noch den Großhändlern, noch den Landwirtschaftsbetrieben, noch den staatlichen Lebensmittelkontrolleuren. Ganz offensichtlich also sind Profitgier und überall fehlende Kontrollen die Ursache des Skandals.

Und er scheint kein Einzelfall zu sein. Auch viele andere Betriebe verkaufen wohl illegal dioxinbelastete Fette an Tierfutterhersteller. Nur dass sie diese Fette solange mit unbelastetem Fett vermischen, bis sie gerade unter den Grenzwerten liegen. Auch dann aber sind diese Fette auf Dauer giftig für den Menschen.

Alles bleibt beim Alten

Wie nach all den letzten Lebensmittel-Skandalen verspricht die Regierung nun neue Gesetze und mehr Kontrollen. Doch es bleibt dabei, dass die Betriebe sich selber (!) kontrollieren und die Ergebnisse melden sollen. Geld für deutlich mehr staatliche Kontrolleure wird es nicht geben. Und nicht einmal Informanten- und Kündigungsschutz für Beschäftigte, die den Mut besitzen und die Machenschaften ihrer Firma aufdecken. Denn die Regierung will weder mehr Geld für unsere Sicherheit ausgeben, noch will sie sich ernsthaft mit der mächtigen Lebensmittelindustrie anlegen.
Sie versuchen sogar, einen Teil der Schuld auf die Opfer abzuwälzen. Wir Verbraucher würden immer billigere Lebensmittel kaufen wollen, gesundes Essen aber koste Geld. Das ist von vorne bis hinten gelogen.
Angefangen damit, dass das dioxinverseuchte Futter ja gar nicht billig, sondern teuer verkauft wurde – also gar nichts mit dem Preis der Lebensmittel zu tun hat. Und dass beim letzten Dioxin-Skandal im Mai 2010 die teureren Bio-Eier verseucht waren. Wenn wir also mehr Geld für Lebensmittel ausgeben, kaufen wir deshalb noch keine gesünderen.
Vor allem aber ist es unverschämt, hier von „wollen“ zu sprechen. Eine Arbeiterfamilie oder alleinerziehende Mutter „will“ nicht möglichst günstig einkaufen – sie muss es. Löhne, Renten oder HartzIV lassen selten zu, dass man „frei entscheidet“, ob man 300, 600 oder 900 Euro im Monat für Lebensmittel ausgeben kann.

Die Täter: Nestlé, Aldi, ...

Die einzigen, die hier entscheiden, sind die Futter- und Lebensmittelkonzerne: Nestlé, Kraft, Aldi, Metro und Konsorten. Sie haben die Macht, über Produktionsbedingungen und Preise quasi aller Nahrungsmittel zu entscheiden. Sie zwingen auch den Landwirten möglichst niedrige Preise auf, verkaufen die Ware im Supermarkt dann aber möglichst teuer.
Auf diese Weise machen sie alle riesige Milliardengewinne. Und sie haben keine Skrupel, jedes legale und (wie beim Dioxin) illegale und gefährliche Mittel zu nutzen, um ihre Profite weiter zu erhöhen. Nestlé will sogar den Schock vieler Menschen über den Dioxin-Skandal nutzen, um seine Preise zu erhöhen... weil höhere Preise derzeit besser akzeptiert würden!

Die Profitlogik verhindert, dass das ganze Wissen und die moderne Technik des 21. Jahrhunderts dazu genutzt werden, möglichst effizient und schonend gesunde und preiswerte Lebensmittel für alle herzustellen. Dazu braucht es eine Gesellschaft, in der so lebenswichtige Sachen wie die Produktion von Lebensmitteln in gesellschaftlicher Hand sind und nicht nach den Gesetzen des Profits erfolgen, sondern zum Wohle und unter der Kontrolle der Arbeitenden und Verbraucher.

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