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Nr. 59, Dezember 2013 - Leitartikel

„Soziale Verbesserungen“ von CDU-SPD? Ein Scherz, der leider nicht witzig ist

Was uns die künftige große Koalition als „große soziale Verbesserungen“ verkaufen will, ist eine echte Verhöhnung aller Arbeitenden, Arbeitslosen und Rentner.

Da sollen wir dankbar sein über die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro… im Jahr 2017! Dabei weiß jeder, dass 8,50 Euro heute schon ein Armutslohn sind, und bis 2017 sind die Preise für Strom, Mieten und Lebensmittel dann noch weiter gestiegen. Drei Jahre also sollen alle Betroffenen weiter auf einen Mindestlohn warten, der dann vielleicht kaum noch mehr wert ist als HartzIV und niedriger als die meisten existierenden Branchen-Mindestlöhne heute.
Und selbst von diesem Mini-Mindestlohn sollen einzelne Berufe auch nach 2017 weiter ausgenommen werden. Ganz zu schweigen von den vielen Schlupflöchern, die sie den Unternehmen lassen, um weniger zu zahlen. Angefangen damit, einen Arbeitsvertrag über offiziell 20 Stunden pro Woche zu machen und dann jeden Tag zwei unbezahlte Überstunden zu verlangen, wie es in manchen Branchen mit Mindestlöhnen bereits üblich ist.

Da sollen wir uns freuen über ihre „Großzügigkeit“ bei der Rente. Großzügigkeit? Von wegen. Noch vor kurzem hatte die SPD zumindest davon gesprochen, die Rente ab 67 auszusetzen und alle weiter mit 65 in Rente zu lassen. Doch davon ist jetzt keine Rede mehr. Stattdessen soll jetzt eine kurze Zeit lang eine Minderheit tatsächlich früher, nämlich mit 63 in Rente gehen dürfen: Und zwar diejenigen, die 45 Jahre eingezahlt haben, das heißt die sehr jung angefangen haben zu arbeiten und zwischendurch weder arbeitslos geworden sind noch Kinder erzogen haben. Doch das Ganze gilt nur wenige Jahre. Mit der Erhöhung des allgemeinen Rentenalters auf 67 soll selbst diese kleine Verbesserung wieder verschwinden.
Letztlich geht es nur um eins: Die SPD macht viel Lärm um eine kurzzeitige und kleine Verbesserung für einige wenige, um dahinter zu verstecken, dass sie die große und dauerhafte Verschlechterung für alle abgesegnet hat: die Rente mit 67.

Und welch eine Verhöhnung aller Rentner, die jahrzehntelang geschuftet haben und trotzdem im Alter in Armut leben müssen, ist erst ihre sogenannte „Mindestrente“. Auch die soll erst 2017 kommen und dann ärmliche 850 Euro im Monat betragen. Und es sollen ernsthaft nur die Rentner die Mindestrente bekommen, die von ihren niedrigen Löhnen auch noch eine private Altersvorsorge bezahlen konnten: also fast niemand. Alle anderen müssen auch weiterhin im Alter den erniedrigenden Gang zum Sozial- und Wohnungsamt auf sich nehmen, um wenigstens Grundsicherung zu erhalten und ihre Miete zahlen zu können.

Die große Koalition macht nichts anderes, als die Politik der letzten Regierungen fortzusetzen. Eine Politik, die die Kapitalisten dabei unterstützt, die Arbeitenden zu unwürdigen Niedriglöhnen auszubeuten, sie mit unsicheren Verträgen einzustellen und nach Bedarf in die Arbeitslosigkeit zu schicken, sie bald bis zu ihrem 67. Lebensjahr auszubeuten oder mit Abzügen früher in Rente zu zwingen, so dass sie letztlich noch im Alter um Almosen bitten müssen.
Eine Politik auch, die der einfachen Bevölkerung immer mehr wegnimmt, um es direkt den Kapitalisten zu schenken. Und damit wartet die neue Regierung übrigens nicht bis 2017, damit fängt sie schon im nächsten Jahr an: mit der Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung, höheren Abgaben beim Strom, und nicht zu vergessen der PKW-Maut. Und das sind nur die geplanten Verschlechterungen, die sie uns schon verraten haben.

Ehrlich gesagt hat kaum einer von uns etwas anderes erwartet – so sehr haben wir uns schon daran gewöhnt, dass es für die einfache Bevölkerung mit jeder Regierung ein Stück weit schlechter wird, damit die reichen Kapitalisten immer reicher werden.
Und wenn es nach ihnen ginge, dann sollen wir uns am besten so sehr daran gewöhnen, dass wir gar nichts anderes mehr verlangen. Wir sollen uns resigniert damit abfinden, dass die kapitalistische Klasse immer größere Teile des Reichtums aufhäuft, obwohl sie damit nichts besseres hervorzubringen weiß als Armut, Arbeitslosigkeit und Zerstörung – und obwohl sie dabei nach und nach die einzige produktive Klasse, die diesen ganzen Reichtum schafft, zermalmt: die arbeitende Klasse.

Damit können und dürfen wir uns nicht abfinden! Sicher, das scheint heute nicht einfach. Doch der erste Schritt hierzu wäre bereits, dass wir Arbeitenden das Fordern und Verlangen nicht den anderen überlassen, dass wir wieder unsere eigenen Forderungen aufstellen. Angefangen damit, dass wir unser Recht auf Leben verlangen, das heißt auf eine Arbeit für alle mit einem Lohn, von dem man würdig leben kann.
Laut unsere gemeinsamen Interessen einzufordern, wäre ein wichtiger Schritt, um als Arbeiterklasse wieder Selbstvertrauen und Zusammenhalt zu erlangen, die wir brauchen, um unsere Interessen zu verteidigen und letztlich diese ganze Gesellschaft in Frage zu stellen.

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