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Nr. 97, Mai 2017 - Internationales

Türkei: Kein wirklicher Sieg für Erdogan

Erdogan hat sein Referendum am 16. April nur knapp gewonnen, mit 51%. Trotz der tausenden Verhaftungen, der Jagd auf kritische Journalisten, trotz der Angriffe auf Wahlveranstaltungen der Gegner Erdogans, trotz all dieser Einschüchterungen und obwohl 95% der türkischen Medien Erdogan unterstützten, hat die Hälfte der Menschen mit NEIN gegen die Verfassungsänderung gestimmt, die Erdogan noch mehr Macht verleiht.

Und selbst die knappe Mehrheit für die Verfassungsänderung kam nur zustande, weil 2,5 Millionen Stimmzettel mitgezählt wurden, die eigentlich ungültig waren, da sie keinen Stempel hatten. Zufälligerweise waren alle diese Stimmzettel ein „Ja“. Ohne diese 2,5 Millionen Wahlzettel hätte nicht das JA, sondern das NEIN mit einer Millionen Stimmen gesiegt.
Dieser Wahlausgang hat gezeigt, dass
Erdogan längst nicht mehr so viel Unterstützung hat wie noch vor ein paar Jahren. Umso härter geht er seitdem vor, um seine Macht zu sichern: Wieder wurden 4.000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes entlassen, 200 Demonstranten wurden am 1.Mai verhaftet. Erdogan hat den Zugang zu Wikipedia sperren lassen, weil es ihm zu kritisch scheint. Und er unternimmt erste Schritte zur Wiedereinführung der Todesstrafe. Gleichzeitig bemüht er sich, mit Ansprachen und provokanten Äußerungen seine Beliebtheit zurückzugewinnen.

Doch angesichts der immer schlechter werdenden wirtschaftlichen Lage, der explodierenden Arbeitslosigkeit, der hohen Inflation, des einbrechenden Tourismus ist gar nicht sicher, dass ihm dies gelingen wird.

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