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Nr. 99, Juli 2017 - Ihre Gesellschaft

G 20: Ein Spiegel ihrer Gesellschaft

Zwei Tage haben sich in Hamburg die Staatschefs der 20 größten Wirtschaftsmächte getroffen, darunter die USA, die EU, Russland, Türkei und Saudi-Arabien: Um gemeinsame Erklärungen zu verfassen, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Denn selbst während des Gipfels konnten die Großmächte ihre wachsenden wirtschaftlichen und politischen Konflikte untereinander kaum unterdrücken – Konflikte, die noch unabsehbare Folgen für die ganze Menschheit haben können. Und nach dem Gipfel gingen ihre Auseinandersetzungen sofort weiter.

Für diese zwei Tage leerer Worte haben sie nun viel Geld ausgegeben und mehrere Wochen lang der Bevölkerung Hamburgs das Leben schwergemacht. Sie musste zig Sperrungen, Staus und Einschränkungen ertragen, weil diese wichtigen Staatschefs sich unbedingt mitten in einer Großstadt treffen mussten – aber bitte trotzdem abgeschirmt von der realen Welt und von den vielen Zehntausenden, die gegen die Folgen ihrer Politik, gegen Krieg, Umweltzerstörung und die Ausbeutung der Dritten Welt demonstrierten.

Für die Medien und Politiker waren die kleine Minderheit Autonomer, die mit ihren Methoden allen (Einwohnern wie Demonstranten) geschadet haben, eine willkommene Gelegenheit, um über die große Masse der Proteste und ihre Inhalte zu schweigen – ja letztlich alle linken Organisationen und Bewegungen mit zu verunglimpfen.

Die Politiker könnten sich bei den Autonomen bedanken. Jetzt hat die Regierung einen weiteren Vorwand, die Rechte und Bewaffnung der Polizei auszubauen, die staatliche Überwachung politisch Andersdenkender zu erweitern, Demonstrationsrechte für alle weiter einzuschränken.

Das Schanzenviertel ist für die Politiker zum quasi einzigen Wahlkampfthema geworden. Von Fragen wie Rente, Mieten oder sonstigen täglichen Problemen der einfachen Bevölkerung ist gar keine Rede mehr. Alle Politiker und Medien tun so, als wären einige dutzend zerbrochene Schaufenster und verbrannte Autos das schlimmste und wichtigste Ereignis auf der Welt.

Doch dieselben Politiker finden sich sehr gut ab mit dem Chaos, dem Elend, der Gewalt und dem Krieg, die eben diese kapitalistischen Wirtschaftsmächte weltweit verursachen und unter denen die ganze Menschheit zu leiden hat – angefangen bei den Menschen in Syrien, in Ostafrika, dem Jemen oder der Ukraine.

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