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Nr. 73, März 2015 - Internationales

Deutschland und Griechenland: Die Arbeitenden haben die gleichen Interessen!

Merkel und Schäuble tun so, als seien sie die Verteidiger „der Deutschen“, wenn sie der völlig verarmten griechischen Bevölkerung aufzwingen, sich noch weiter zugrunde zu sparen; wenn sie ihnen 500 Euro Mindestlohn oder Massenentlassungen von Putzfrauen und Krankenschwestern aufzwingen. Und dabei übertreffen sie sich noch in arroganten, „väterlichen“ oder beleidigenden Sprüchen gegenüber Griechenland.

Die griechische Regierung ihrerseits steht mit dem Rücken zur Wand. Sie versucht, gegenüber der eigenen Bevölkerung etwas weniger ohnmächtig zu erscheinen und „die Griechen“ und ihre „nationale Würde“ gegenüber „den Deutschen“ zu verteidigen: Indem sie ihrerseits die Rückzahlung von deutschen Schulden fordert, die noch immer aus dem 2. Weltkrieg offen sind.

Die griechische Regierung hat nicht Unrecht, wenn sie darauf hinweist, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Heute erklären die imperialistischen Staaten, es sein ein „Prinzip“, dass „das griechische Volk die Schulden um jeden Preis zurückzahlen muss“. Doch dieselben imperialistischen Staaten haben nach dem 2. Weltkrieg alle kleineren Staaten in Westeuropa und auch das von den Nazis geschundene und ausgeblutete kleine Griechenland gezwungen, dem großen deutschen Staat hunderte Milliarden an Schulden zu erlassen, damit Deutschland wieder auf die Beine kommen konnte.

Doch das eigentliche Problem liegt woanders. Beide Regierungen machen Propaganda. Beide versuchen so zu tun, als würden sie die Interessen ihres Volkes verteidigen und vermitteln dabei das Gefühl, dass „die Griechen“ und „die Deutschen“ gegensätzliche Interessen hätten. Gerade das aber ist eine gefährliche Lüge für die Arbeitenden in beiden Ländern.

Die wahren Fronten nämlich verlaufen ganz woanders: Sie verlaufen zwischen den sozialen Klassen. Sie verlaufen zwischen der arbeitenden Bevölkerung in Griechenland und Deutschland auf der einen Seite – und den Industriellen und Bankern, den Kapitalisten auf der anderen Seite.
Die arbeitende Bevölkerung in Deutschland hat absolut gar nichts davon, wenn die griechische Arbeiterklasse noch weiter in Arbeitslosigkeit, Elend und Obdachlosigkeit gestoßen wird. Im Gegenteil, die Keule der Herrschenden, dass „die Bevölkerung die Schulden bezahlen muss“, wird auch gegen sie geschwungen, wenn auch (noch) nicht so heftig wie gegen die griechische Bevölkerung.

Die arbeitende Klasse in Deutschland hat genau wie in Griechenland das Interesse daran, dass diese Schulden von denen bezahlt werden, die sie verursacht haben: Und das sind weder die Arbeitenden in Griechenland noch in Deutschland, sondern das ist die kapitalistische Klasse, angefangen bei den großen Banken. Und je zahlreicher die Arbeitenden dies in möglichst vielen Ländern fordern, desto mehr Kraft haben sie, diese lebenswichtige Forderung irgendwann durchzusetzen.

Alle, die davon ablenken und einen Keil zwischen die Arbeitenden der verschiedenen Länder treiben, schwächen die Arbeitenden in jedem Land.

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