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Nr. 102, November 2017 - Internationales

Simbabwe: Der Diktator wechselt, imperialistische Ausbeutung und Krise bleiben

Viel wurde in den letzten Wochen über den Militärputsch und den Rücktritt des langjährigen Diktators Mugabe in Simbabwe berichtet und ein klein wenig über die fürchterliche Armut dort. Doch über die Hintergründe der heutigen sozialen und politischen Lage und ihre Folgen für die einfache Bevölkerung herrscht großes Schweigen.

Wir veröffentlichen hierzu einen Artikel unserer französischen Genossen von Lutte Ouvrière vom 23. November 2017.

Mugabe, der Präsident Simbabwes, ist also letzten Endes zurückgetreten. Ein Teil der Armee hatte die Hauptstadt unter ihre Kontrolle gebracht und mehrere Mitglieder aus Mugabes Gefolge verhaftet.

Ein Unterstützer Mugabes nach dem anderen hat ihn daraufhin fallen lassen, sogar die Partei Zanu-PF, die er selber gegründet hatte. Seine Partei drohte, ihn abzusetzen und schloss seine Ehefrau Grace aus der Partei aus. Mugabe wollte sie nämlich zu seinem Nachfolger machen, was unter den verschiedenen Cliquen Unzufriedenheit ausgelöst hat, die alle darauf spekulierten, sein Erbe anzutreten.

Die Herrschaft Mugabes hat mit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1980 begonnen. Simbabwe war eine ehemalige englische Kolonie. 1965 hatte sich die weiße Minderheit dort gegen Großbritannien erhoben und ein Regime der Rassentrennung eingeführt. Mugabe stellte sich an der Spitze einer nationalistischen Guerillabewegung, die gegen dieses rassistische Regime kämpfte.

1980 gelang es ihm unter Schirmherrschaft der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, ein politisches Abkommen zu erreichen: Das Land wurde unabhängig, mit Mugabe an der Spitze.

Das Abkommen legte fest, dass der harte, rassistische Kern der Armee und der Polizei im Amt blieb. Es gab außerdem alle Garantien, dass die Interessen des britischen Imperialismus gewahrt blieben.
Verständnisvoll gegenüber seinen ehemaligen Feinden, zeigte sich Mugabe jedoch von Anfang an unerbittlich gegenüber den Arbeitern. Kaum an der Macht, schlug er blutig eine große Streikwelle nieder.
Zwei Jahrzehnte lang war Mugabe der brave Schüler des Imperialismus in dieser Gegend Afrikas. Und ab den 90er Jahren setzte er brav alle Privatisierungen und Sparpläne im Öffentlichen Dienst um, die der Internationale Währungsfond (IWF) von ihm verlangte.

Nach und nach stieg die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Um sein Image wieder aufzubessern, unterstützte Mugabe daraufhin offiziell die armen schwarzen Bauern, die Ländereien von reichen weißen Farmern besetzten. 70.000 Weiße – 0,6% der Bevölkerung – besaßen zu dieser Zeit nämlich 70% des fruchtbaren Landes, während die große Mehrheit der schwarzen ländlichen Bevölkerung gar kein Land besaß oder auf winzigen Parzellen überleben mussten.
Mugabe ließ selber 6.000 Farmen beschlagnahmen und verteilte sie an die Bevölkerung. Doch während die ehemaligen Großgrundbesitzer über Kapital und Absatzmärkte verfügten und in moderne Technik investieren konnten, bekamen die neuen Besitzer nichts von alledem.

Dies genügte, damit die Großmächte Mugabe auf den Index setzten. 2002 erklärte Bush Simbabwe zu einem „Schurkenstaat“ und die Wirtschaftssanktionen begannen: Ein Teil des staatlichen Geldes, das auf Konten westlicher Banken lag, wurde eingefroren und ein Teil der Deviseneinnahmen versiegte.

Seitdem hat Mugabe weitere Maßnahmen des IWF akzeptiert, doch das Embargo wurde im Wesentlichen aufrecht erhalten. Zusammen mit der Krise von 2008 und dem Absturz der Rohstoffpreise führte dies zum Zusammenbruch der Wirtschaft, der die arme Bevölkerung mit voller Wucht trifft.
Die Arbeitslosigkeit liegt heute bei über 80%. Ein Drittel der Bevölkerung lebt von Lebensmittelhilfen. Die Landwirtschaft ist zusammengebrochen.
In vielen Gegenden ist zumindest zeitweilig die Hungersnot zurückgekehrt. Und wenn auch die Preise nicht mehr wie 2008-2009 um das millionenfache explodieren, so steigen die Lebenshaltungskosten für die arme Bevölkerung immer weiter. Die Schwierigkeiten der Regierung, die Armee und die Beamten zu bezahlen, sind sicher ebenfalls ein Grund für ihre Unzufriedenheit.

Nach dem Erfolg der Demonstrationen zu urteilen, zu denen die Armee gegen Mugabe aufgerufen hat, scheint die Ablehnung Mugabes in der einfachen Bevölkerung groß zu sein – und sie hat auch allen Grund dazu. Von seinen möglichen Nachfolgern jedoch hat die ärmere Bevölkerung absolut nichts zu erwarten.

Da ist vor allem Emmerson Mnangagwa, der von der Partei Zanu-PF zum nächsten Präsidentschaftskandidaten erklärt worden ist. Bis vor kurzem noch war er ein treuer Gefolgsmann Mugabes, der unter anderem 2008 eine Jagd auf politische Gegner organisierte und viele ermorden ließ, um selber wiedergewählt zu werden. Und der andere potenzielle Nachfolger, Morgan Tsvangirai, war von 2009 bis 2013… Premierminister unter Mugabe.

Um sich vor der wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe zu schützen, die sie erleiden, kann die arbeitenden Klasse also nur auf sich selber und ihre eigene Mobilisierung zählen.

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