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Nr. 164, April 2023 - Leitartikel

Streiks bei Galeria Karstadt Kaufhof: gegen die Entlassungen und für 450 Euro mehr Lohn!

Streiks bei Galeria gegen die Entlassungen – und obendrein für 450 Euro mehr Lohn! Wer hätte damit gerechnet? Die Manager und Aktionäre jedenfalls nicht.
 
Sie hatten doch extra eine der schlimmstmöglichen Drohkulissen aufgebaut. Sie haben Insolvenz angemeldet und angekündigt, 47 Filialen zu schließen und 4.000 Arbeiter*innen zu entlassen. Und dann haben sie erklärt: Die übrigen Galeria-Beschäftigten könnten ihren Arbeitsplatz nur „retten“, wenn sie drei weitere Jahre auf Lohn verzichten und extrem flexible Arbeitszeiten mit bis zu 60 Stunden in der Woche akzeptieren.
 
Sie waren sicher, die Kolleg*innen würden auf die Erpressung eingehen. Stattdessen haben seit Ostern mehrere Tausende von ihnen, unterstützt von der Gewerkschaft, ganze Tage dagegen gestreikt.

Die Manager haben sogar gedroht, die Streikenden persönlich auf Schadensersatz zu verklagen, weil sie angeblich die „Rettung“ von Galeria gefährden würden. Doch auch das hat sie nicht eingeschüchtert.
 
Sie haben diese Erpressungen und Drohungen zu oft gehört! Immer wieder hat man den Galeria-Beschäftigten erklärt, sie müssten Opfer bringen, um angeblich das Unternehmen zu retten. Erst vor wenigen Jahren hatten sie dafür auf 450 Euro Lohn im Monat verzichtet... um kurz darauf mitzuerleben, wie 40 Standorte geschlossen und mehrere tausend Kolleg*innen entlassen wurden.
 
Der Verzicht hat keinen Arbeitsplatz gerettet – ebenso wenig wie die Millionengeschenke vom Staat. Der Verzicht hat den Beschäftigten nur weniger Geld und nun die erneute Angst vor Arbeitslosigkeit oder Armutsrente gebracht. Gerettet wurden nur die Vermögen der Aktionäre. Wie in allen Betrieben.
Die Streikenden bei Galeria sind nicht länger bereit zu verzichten. Sie wollen nicht für Löhne arbeiten, von denen sie angesichts der Inflation nicht einmal Miete, Energie und Lebensmittel bezahlen können. Sie fordern ihre 450 Euro pro Monat zurück.
Und sie weigern sich, durch 60-Stunden Wochen die Arbeit der Kolleg*innen aufzufangen, die gekündigt werden sollen.
 
Sie lassen sich auch nicht mehr davon abschrecken, dass Galeria offiziell pleite ist. Denn deren Besitzer sind es nicht, im Gegenteil.
 
Der Mutter-Konzern (die Signa-Gruppe) macht Gewinne in Milliardenhöhe. Letztes Jahr hatte Signa sogar 4 Milliarden Euro übrig, um noch ein Unternehmen aufzukaufen und seinen Aktionären großzügige Dividenden zu zahlen. Allein von diesem Geld hätte man allen Arbeiter*innen, die jetzt entlassen werden, 15 Jahre lang den vollen Lohn weiterzahlen können!
 
Und das sind nur offiziell bekannte Zahlen. Welche Gelder würden die Arbeitenden bei Galeria wohl erst entdecken, wenn sie die Möglichkeit hätten, alle Konten und Geldflüsse des Konzerns zu kontrollieren?
 
Wie viele Milliarden sind auf den Konten der Aktionäre gelandet? Wie viele allein auf dem Konto des Haupt-Aktionärs und Milliardärs Benko? Wie viel wurde verwendet, um andere Firmen aufzukaufen? Wie viel ist auf den Konten der Immobilienhaie gelandet, die die Warenhäuser sehr teuer an Galeria vermietet haben? Wie viel auf den Konten der Banken, die ordentlich Zinsen kassiert haben?
 
Von all diesem Geld könnte problemlos der Lohn aller 17.000 Galeria-Beschäftigten bis zur Rente gesichert werden – selbst wenn alle Warenhäuser geschlossen würden.
Kein Wunder, dass die Kapitalisten all diese Konten selbst während des „Insolvenzverfahrens“ nicht offenlegen – was sie mit dem Banken- und Geschäftsgeheimnis rechtfertigen.
 
Doch all die Gelder haben die Arbeitenden erwirtschaftet. Sie müssen das Recht haben die Konten und Geschäftsbücher zu kontrollieren – und letztlich darüber zu entscheiden, wozu dieser Reichtum verwendet wird. Nicht nur bei Galeria, sondern in allen Betrieben!
 
Weil ihnen die Fabriken, Supermärkte und Banken gehören, während wir Arbeitenden besitzlos sind, haben die großen Aktionäre die Macht und das Recht, sich die Frucht all dessen anzueignen, was die Arbeitenden erwirtschaften – und es nach Gut dünken, für Börsenspekulationen, Privatjets oder sonstige zerstörerischen Zwecke zu verwenden, während sie die Arbeitenden von einer Krise in die nächste stürzen.
 
Weil ihnen die Fabriken, Supermärkte und Banken gehören, haben eine Handvoll Kapitalisten die Macht und das Recht, ganz allein über Produktion, Entlassungen, Verlagerungen und Schließungen von Betrieben zu entscheiden und damit die Arbeitenden und die Allgemeinheit zu erpressen.
 
Dieses Besitzverhältnis und das damit verbundene Entscheidungsrecht einer Handvoll Großkapitalisten, deren einziges Ziel Profit ist, ist die Ursache für das extreme Auseinanderdriften von Arm und Reich weltweit, für die tiefe Wirtschaftskrise und die damit verbundenen lebensbedrohlichen Gefahren für die Menschheit.
 
Dem müssen wir ein Ende setzen. Die Konzerne und Banken gehören in die Hände und unter die Kontrolle der Allgemeinheit – und ganz besonders derjenigen, die in diesen Betrieben arbeiten.

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