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Nr. 88, Juli 2016 - Ihre Gesellschaft

Wohnungsmangel: Ein gutes Geschäft auf Kosten der Arbeiterfamilien

Es fehlen hunderttausende bezahlbare Wohnungen – vor allem solche, die in einem vernünftigen Zustand sind. Doch CDU und SPD werden an dem Wohnungsmangel nichts ändern. Die herrschenden Parteien wollen die Immobilienkonzerne nicht dabei stören, aus dem derzeitigen Wohnungsmangel Rekordprofite zu schlagen – auf dem Rücken der einfachen Bevölkerung.

Der Wohnungsmangel hat es den Immobilienhaien dieses Jahr erneut ermöglicht, die Mieten nach oben zu schrauben. Manchmal machen die Vermieter einfach nur einen sinnlosen kleinen Umbau – und schon dürfen sie die „sanierten“ Wohnungen 300 Euro teurer vermieten. Sozialwohnungen gibt es kaum noch, in vielen Städten sind es nicht einmal 5% der Wohnungen.

Mittlerweile werden Arbeiterfamilien von den Mieten regelrecht erdrosselt: Zum Teil müssen sie in Städten wie Berlin, Hamburg oder Köln die Hälfte ihres Einkommens für Miete und Nebenkosten ausgeben… und dann versuchen, vom dem Rest irgendwie zu leben.

Auch die „Mietpreisbremse“, die die Regierung vor einem Jahr eingeführt hat und die angeblich die willkürliche Anhebung der Mieten verhindern sollte, hat daran nichts geändert. Denn die „Mietpreisbremse“ enthält nicht nur mehr Ausnahmen als Regeln und sieht auch keine Strafen für Vermieter vor, die sich nicht an sie halten. Solange krasser Wohnungsmangel herrscht, wird sich jeder Mieter drei Mal überlegen, ob er seinen Vermieter wegen „zu hoher Miete“ anzeigt.

Der Wohnungsmangel ermöglicht es den Immobilienhaien, auch die schlechtesten Wohnungen noch zu vermieten. Noch bis vor kurzem wurden im Ruhrgebiet viele Siedlungen abgerissen oder grundsaniert, weil in den vergammelnden Hochhaussiedlungen oder 50er-Jahre-Häusern mit Nachtspeicherheizung und Schimmelkeller keiner mehr wohnen wollte und es genug bessere freie Wohnungen gab. Zum Teil gaben die Wohnungsbaugesellschaften 150 Euro Miet-Rabatt, damit überhaupt jemand dort einzog.

Heute hingegen fehlen Wohnungen, und so finden die Vermieter genug Mieter, denen sie diese Wohnungen andrehen können. Ganz zu schweigen von den Kommunen, die nach Wohnungen für die Flüchtlinge suchen und den Vermietern durchaus das Doppelte der üblichen Miete bezahlen.
Und wenn die Bruchbuden zu heruntergekommen sind, können die Vermieter immer noch Arbeiterfamilien und Wanderarbeiter aus Bulgarien und Rumänien ausbeuten, die andere Wohnungen nicht bekommen und sie daher auch für teures Geld mieten.

Der Wohnungsmangel ist ein gutes Geschäft für die Immobilienkonzerne. Warum sollten sie daran etwas ändern? So bauen sie auch kaum neue Sozialwohnungen, obwohl alle Landesregierungen ihnen dafür die üppigsten Subventionen versprechen. Und die wenigen Sozialwohnungen, die sie mit den Subventionen bauen, bauen sie so billig wie möglich – mit entsprechenden Folgen für die Mieter.

Im völligen Kontrast dazu boomt der Bau von Eigentumswohnungen, Bürogebäuden und teuren Mietwohnungen für die besseren Mittelschichten. Nicht etwa, weil es für diese Wohnungen mehr Mieter geben würde – sondern weil man mit diesen Immobilien an der Börse spekulieren und derzeit sehr viel Geld machen kann. Sogar dann, wenn die Wohnungen letztlich leer bleiben.

Ja, so ist der kapitalistische Wohnungsmarkt: Es werden Häuser für die Börse gebaut, aber nicht für die Menschen, die sie brauchen!

Trotz der Notlage vieler Familien, trotz geschätzten 380.000 Wohnungen, die jedes Jahr gebaut werden müssen, sind CDU und SPD sich einig, sich in diese Entscheidungen der Immobilienkonzerne nicht einzumischen. Sie versuchen einzig, die Immobilienfirmen mit immer höheren Geldgeschenken zu locken, wenigstens ein paar preiswerte Wohnungen zu bauen. Damit wird man an der Notlage so vieler Familien kaum etwas ändern!

Um dem drastischen Wohnungsmangel zu begegnen, müsste der Staat selber den Wohnungsbau in die Hand nehmen, müsste selber Architekten, Maurer und Elektriker einstellen.
Dann könnte er nicht nur schnell und wesentlich kostengünstiger bezahlbaren Wohnraum schaffen, sondern außerdem Wohnungen, die vernünftig gebaut sind, in gutem Zustand, mit Grün und Erholungsmöglichkeiten drum herum. Sprich so, dass man angenehm in ihnen leben kann.

Doch genau das will und kann von den herrschenden Parteien niemand. Weil niemand von ihnen den Unternehmern das heilige Recht wegnehmen will, mit allem und jedem – und eben auch mit Wohnungen – Gewinn zu machen.

Der Wohnungsmarkt ist im Kapitalismus ein Markt wie jeder andere. Ein kapitalistischer Markt, auf dem es darum geht, Gewinn zu machen und nicht darum, Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Und daher ist der Kapitalismus unfähig, selbst dieses Grundbedürfnis zu sichern und dafür zu sorgen, dass die arbeitende Klasse – die Klasse, die alle Häuser baut – unter vernünftigen Bedingungen wohnen kann.

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