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Nr. 79, Oktober 2015 - Leitartikel

Die Rechtsextremen — eine Gefahr für uns alle

Auch nachdem ein Rechtsradikaler die Kölner Oberbürgermeister-Kandidatin und vier weitere Menschen zu ermorden versucht hat – nur weil er sie für zu „flüchtlingsfreundlich“ hielt – machen Neonazis weiter. Sie rufen zum Mord von Bürgermeistern auf. Feige zünden sie Flüchtlingsheime an, verprügeln wehrlose Flüchtlinge oder Menschen, die sich für sie einsetzen.
Die Rechtsradikalen – und nicht die Flüchtlinge – sind die wahre Bedrohung für uns alle! Diese Neonazis wollen nicht nur Migranten, sondern alle terrorisieren, die eine andere Meinung haben. Sie verüben Anschläge und versuchen, ein Klima von Angst, Gewalt und Hass zu schaffen. Stellen wir uns vor, solche Kräfte würden stärker, und so ein Klima würde in die Betriebe, unter uns Arbeitskollegen, und in die Stadtteile einziehen!

Deshalb sind auch Bewegungen wie Pegida eine Gefahr für alle Arbeitenden, wo Redner heute Deutschland „Moslem-Müllhalde“ nennen und einzelne es wagen, Konzentrationslager und Galgen für Andersdenkende zu verlangen.
Doch wenn die Rechtsextremen sich so sicher fühlen, dann auch, weil mehrere Parteien ebenfalls offen immer rechtere Einstellungen vertreten.

Da ist die AfD, die in letzter Zeit gezielt Aussagen der Rechtsradikalen aufnimmt. Doch da ist auch die Regierungspartei CSU, die pausenlos fordert, die Zahl der Flüchtlinge zu „begrenzen“ und die Grenzen notfalls mit Zäunen und Wachposten zu verschließen.
Sie wissen genau, dass das unmöglich ist. Man sieht es doch an den Grenzen auf dem Balkan! Doch sie wollen sich als „die Harten“ profilieren und so Wählerstimmen gewinnen. Und es ist ihnen egal, dass sie mit ihren Reden Bewegungen wie Pegida und militante Rechtsradikale ermutigen und stärken.
Doch zum Glück gibt es viele, die sich der Gefahr bewusst sind und in vielen Städten gegen ausländerfeindliche Hetze demonstrieren. Und zum Glück hat die rechte Propaganda es bislang nicht geschafft, dass die Hilfsbereitschaft zurückgeht. Im Gegenteil, Hunderttausende engagieren sich: Sie sortieren Wäsche, betreuen Kinder, übersetzen, begleiten Flüchtlinge zu Ämtern, bringen ihnen Deutsch bei, versorgen Schwangere und Kranke…

Ihre Hilfe ist auch absolut notwendig, weil die Regierung sich als unfähig dazu erweist. Oder besser gesagt, weil die Regierung sich nicht drum kümmert und auch nicht kümmern will. Der Staat hätte so viele Möglichkeiten, er hätte Mittel und Macht, sich angemessen um die Flüchtlinge zu kümmern. Stattdessen lässt er die Städte mit den meisten Fragen alleine.

Die verschuldeten Städte aber haben nur wenige Mittel. Sie sind außerdem den Firmen hilflos ausgeliefert, die die Gelegenheit ausnutzen, um Zelte, Immobilien, Catering und Security zu überzogenen Preisen zu verkaufen.
Und vor allem fehlen den Städten die in all den Jahren eingesparten Arbeitenden in Bürger- und Jugendämtern, Schulen, Volkshochschulen, Krankenhäusern. Schon vorher hatte ihr Fehlen Auswirkungen für uns alle. Doch in der jetzigen Lage ist es dramatisch!

All dies führt mit dazu, dass die Flüchtlinge in überfüllten Zelten, mit 4 Quadratmetern für eine fünfköpfige Familie hausen müssen, ohne Türen zum Abschließen, um sich umzuziehen, mit improvisierten Duschen, Dixie-Klos und ohne irgendeine Beschäftigung – und das zum Teil 6 Monate lang, bis ihre Papiere bearbeitet sind. Die Flüchtlinge werden so Opfer derselben
Sparpolitik, unter der wir alle leiden.

Und dass der Staat die Städte weitgehend im Stich lässt, trägt auch dazu bei, dieses Gefühl von Überforderung zu schaffen, von den scheinbar „zu vielen“ Flüchtlingen, auf das sich CSU sowie AfD und Rechtsradikale stützen.

Doch es kann keine Höchstgrenze für Flüchtlinge geben. Man kann nicht sagen, so und so viele dürfen ins Land und dann ist hier „voll“ – und alle übrigen müssen halt zurück in ihr zerbombtes Land, wo sie Opfer der islamistischen Terrormilizen oder des Diktators werden. Das würde heißen, sie zum Tode zu verurteilen!
Genau das schreckliche Los hat bereits einige jüngere Afghanen ereilt, deren Asylantrag abgelehnt wurde: Sie wurden nach Afghanistan zurückgeschickt und dort sofort von den Taliban ermordet.

Und auch für die Flüchtlinge vom Westbalkan ist es schlimm, dass nun alle EU-Staaten sie sofort wieder zurückschicken wollen. In angeblich „sichere“ Länder wie den Kosovo, wo zwar kein Krieg mehr ist, aber tiefstes Elend und fehlende Medikamente sowie Überfälle von Banden und Anschläge auf Minderheiten das Leben beherrschen.

Sowohl die Flüchtlinge wie diejenigen, deren Familien seit 20, 50 oder 500 Jahren in diesem Land leben – wir alle sind Opfer derselben Gesellschaftsordnung. Einer Gesellschaft, die Krieg und Elend in der halben Welt hervorbringt. Die selbst in den reichsten Ländern permanent auf Kosten der Bevölkerung spart. Und in der Staat und Kapitalisten selbst in Notsituationen unfähig sind, die Bedürfnisse der Bevölkerung über ihre egoistischen Interessen zu stellen.
Gegen sie müssen wir unsere Wut und unseren Kampf richten.

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