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Nr. 52, April 2013 - Internationales

Zypern: Eine weitere Bankenrettung, bei der es der Bevölkerung an den Kragen geht

Ob Irland, Griechenland, Portugal, Spanien: Nach jedem Rettungspaket versucht man uns zu beruhigen und uns weiszumachen, dass nun das Schlimm-ste vorüber sei. Doch die jüngste Krise in Zypern erinnert uns daran, dass die Finanzkrise immer weiter geht, dass wir auf einem brodelnden Vulkan sitzen, der immer und immer wieder ausbricht.

Diesmal war das kleinste Land der EU an der Reihe. Weil sich die Banken – wieder einmal – verspekuliert hatten, ging die zweitgrößte Bank Zyperns Bankrott, drohte das gesamte Bankensystem auf Zypern zusammenzubrechen und brachte den Euro gleich mit in Gefahr.

Merkel und die Spitzen der EU wollten den zyprischen Brand löschen, indem sie eine Zwangsabgabe auf alle Bankguthaben vorschlugen, auch auf die Guthaben der kleinen Leute. Doch allein die Ankündigung dieser Zwangsabgabe löste beinahe die nächste Panik im europäischen Finanzsystem aus.

Und so haben sie den Plan schnell wieder aufgegeben. Stattdessen haben sie nun ein „Rettungspaket“ (einen Kredit von 10 Milliarden €) geschnürt, von dem sie auch noch dreist behaupten, es wäre sozial gerecht, weil die reichen Anleger, die ihr Geld in der Steueroase Zypern geparkt und dort spekuliert haben, einen Beitrag leisten müssten: Alle Konten über 100.000 Euro werden teilweise eingefroren und mit einer Abgabe belegt. Die Konten mit weniger als 100.000 Euro werden nicht angetastet.

Dennoch wird auch in Zypern vor allem die einfache Bevölkerung für die Bankenrettung bezahlen. Sie muss zwar keine Zwangsabgabe zahlen. Aber das Geld kommt gar nicht mehr auf ihrem Konto an. Denn die Löhne im Öffentlichen Dienst sollen bis zu 12,5 Prozent gesenkt werden, die Renten um 3 Prozent, während die Mehrwertsteuer und andere Verbrauchersteuern erhöht werden.

Viele Tausend werden außerdem jedes Einkommen verlieren, weil sie durch die Entlassungswelle im Bankensektor und die Privatisierung von Staatsbetrieben ihre Arbeit verlieren. Dabei hat sich schon durch das letzte Sparpaket, das die EU im Dezember 2011 durchgesetzt hatte, die Arbeitslosigkeit auf fast 15% verdoppelt. Was nun weitere tausende Entlassungen in einem Land bedeuten, das weniger Einwohner hat als die Stadt Köln, kann man sich ausmalen.
Wieder einmal erlebt eine Bevölkerung in Europa ein „Rettungspaket“, das sie nicht rettet, sondern ins Elend reißt. Viele wirklich reichen Anleger hingegen scheinen wohl schon vorgewarnt gewesen zu sein: Wesentliche Teile ihres Geldes sind längst in andere Länder, auf andere Konten gewechselt, sind auf dem Weg ins nächste Steuerparadies und zur nächsten Spekulationsblase. Und damit auch auf dem Weg, zum nächsten Ausbruch der Finanzkrise beizutragen.

Weltweit benutzt die gesamte kapitalistische Klasse einen wachsenden Teil des Reichtums, den sie durch die Ausbeutung der Arbeitenden und öffentliche Gelder an sich bringt, zum Spekulieren, statt ihn in die Produktion zu investieren. Immer wieder löst sie mit diesen Spekulationen existenzbedrohende Finanzkrisen aus.

Und jedes Mal tun die Staatschefs mit ihren „Rettungsplänen“ dann, was die Finanzkapitalisten von ihnen verlangen: Um ihr System zu retten und die Profite und Vermögen der spekulierenden Reichen zu sichern, bringen die Staaten unvorstellbare Summen auf und schenken sie den Banken.
Dafür zwingt man der Bevölkerung drakonische Sparpläne auf, die Teile von ihnen in atemberaubender Geschwindigkeit in Arbeitslosigkeit, Armut und sogar Obdachlosigkeit reißen.

Was heute in Zypern passiert, ist ein weiteres Beispiel der Gefährlichkeit ihres Systems, das nicht zu retten ist und das auch keine Rettung verdient, sondern vor dem wir uns retten müssen.

Das Rote Tuch
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