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Nr. 58, November 2013 - Leitartikel

Koalitionsverhandlungen: Viel Lärm um Nichts

Das Schauspiel von SPD und CDU bei ihren Koalitionsverhandlungen ist bühnenreif. Da tun beide Parteien so, als würden sie sich die Haare raufen, um die „wichtigen Fragen“ für die Bevölkerung zu lösen. Doch schaut man genau hin, dann bleibt davon so ziemlich Nichts – zumindest Nichts für die arbeitende Bevölkerung. Dafür aber weitere Geschenken an die Kapitalisten.

Nehmen wir nur die Mieten: Hier planen CDU und SPD ein saftiges Steuer-Geschenk für die großen Immobilien-Spekulanten. Die Mieter hingegen müssen sich mit dem vagen Versprechen begnügen, dass die Miete in einigen extrem teuren Städten nicht mehr so stark steigen soll.
Oder die Strompreise: Hier soll die Industrie ihre Rabatte behalten. Und RWE und E.ON sollen sogar noch mehr Subventionen, also noch mehr Geld vom Staat bekommen. Doch als Gegenleistung verlangt der Staat nicht einmal, dass sie die Strompreise nicht weiter erhöhen. Nein, es gibt nichts als das leere Versprechen von CDU und SPD, sie würden alles tun, damit die Strompreise „nicht ganz so stark“ ansteigen.

Ansonsten sind beide Parteien vor allem bemüht, bei jeder Gelegenheit deutlich zu sagen, dass einfach kaum Geld da sei. Und man sich deswegen entscheiden müsste, welche der angeblichen „sozialen Wohltaten“, die CDU und SPD im Wahlkampf versprochen hätten, überhaupt umsetzbar seien.

Wie lächerlich! Schließlich haben sie sich schon im Wahlkampf bemüht, so gut wie nichts zu versprechen. Schon das Wort „Wohltaten“ ist ein Hohn, wenn man von lächerlichen 28 Euro mehr Rente für Frauen mit Kindern redet, von mickrigen 850 Euro Mindestrente oder davon, nach 45 Jahren Arbeit ohne Abzüge in Rente gehen zu dürfen.

Doch nicht zuletzt dazu dient das ganze Theater ihrer Koalitionsverhandlungen. Wir sollen gleich von Anfang an eingetrichtert bekommen, dass der Staat kein Geld habe, dass daher trotz ihrer Bemühungen einfach keine echte Verbesserung möglich sei. Damit wir am Ende schon mit einer einzigen Alibi-Maßnahme zufrieden sind, die in Wahrheit nichts an unserer Lage ändert.
Und damit wir uns gleich darauf einstellen, dass wir auch in den nächsten Jahren nichts erwarten dürfen – außer natürlich neue Einsparungen und neue Steuern. Die ersten Pläne dafür stehen ja schon im Raum: höhere Beiträge zur Pflegeversicherung, PKW-Maut, vielleicht eine Extra-Steuer auf „ungesundes“ Essen… während selbst kleinste Steuererhöhungen für die Reichen schon wieder vom Tisch sind.

Ja, so wie die meisten von uns es schon vorher erwartet hatten, macht die neue Regierung genauso weiter wie die alte. Sie wird weitere neue Steuern für die einfache Bevölkerung einführen, um den reichen Kapitalisten noch mehr Steuergelder zu schenken. Und sie wird weiter tatenlos zusehen, wie diese Steuern und mehr noch die großen Konzerne mit ihren ständigen Preiserhöhungen und ihren unmöglichen Arbeitsverträgen gnadenlos unsere Löhne und Renten rauben.

Sie möchten, dass wir diese Abwärtsspirale als „alternativlos“ hinnehmen. Doch es gibt eine Alternative. Denn der einzige Grund, warum es uns heute allen schlechter geht ist, dass sich dadurch eine kleine Minderheit immer weiter bereichern kann. Allein die reichsten 500 Kapitalisten in Deutschland besitzen über 528 Milliarden Euro, und es wird jedes Jahr mehr.
Warum sollte es nicht möglich sein, einen kleinen Teil dieses gigantischen, auf unserem Rücken angehäuften Reichtums zu verwenden, um die Zustände in Krankenhäusern, Schulen und Kitas zu verbessern und würdige Krankenversorgung und Renten zu ermöglichen? Und wer will uns weismachen, dass Konzerne, die Rekordgewinne, Rekord-Exporte und Rekord-Dividenden für ihre Aktionäre haben, nicht auf Entlassungen verzichten, ihre Arbeitenden fest in Vollzeit einstellen und die Löhne genauso anheben könnten wie ihre Preise?

Selbstverständlich schreien bei sowas alle Kapitalisten samt Regierung auf und erzählen uns, das wäre unser Untergang, dann würden alle Unternehmen Pleite gehen oder das Land verlassen. Doch das haben sich die Arbeitenden schon immer anhören müssen. Vor 150 Jahren wurden sie verrückte Spinner genannt, als sie den 10-Stunden-Tag und das Verbot von Kinderarbeit forderten. Und die Kapitalisten haben geheult, das würde die ganze Wirtschaft ruinieren, ohne 12-Stunden-Tage und die Arbeit von 9jährigen Kindern könnten sie in der Konkurrenz nicht überleben.

Für die Kapitalisten und ihre Regierung ist immer alles, was die Arbeitenden fordern, „unmöglich“ und „eine Katastrophe“. Deshalb dürfen sich die Arbeitenden auf ihr Gejammere und ihre Erpressungen nicht einlassen.
Die Arbeitenden sind die einzig produktive Klasse der Gesellschaft, und als solche unentbehrlich. Sie dürfen nicht immer weiter zertreten werden. Auch im Interesse der gesamten Gesellschaft müssen sie an ihre Interessen denken und diese entschlossen verteidigen.

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