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Nr. 44, Juli 2012 - Aus dem Ruhrgebiet

Nach der Explosion der Chemiefabrik in Marl: Für die Arbeiter geht der Druck weiter

Drei Monate ist die Explosion bei Evonik im Chemiepark Marl her, bei der zwei Arbeiter zu Tode kamen. Doch für die Arbeiter der Chemiefabrik ist es noch lange nicht vorbei. Erst wurden sie wochenlang immer und immer wieder von den verschiedenen Chefetagen befragt: Was genau passiert sei, ob sie nicht doch was gesehen hätten… Alle spürten, dass die Firmenleitung jemanden finden wollte, dem sie die Schuld in die Schuhe schieben konnte. Die Arbeiter, die gerade erst das schlimme Unglück überlebt hatten, mussten nun wochenlang noch mit diesem Druck leben.

Und jetzt macht die Autoindustrie Druck: Denn aus dem zerstörten Werk kamen über 50 Prozent der weltweiten Produktion des Kunststoffvorprodukts CDT, das für die Autoproduktion benötigt wird. Und damit ihnen schnellstmöglich wieder Material geliefert wird, verlangen die Autokonzerne, dass die neue Fabrik bis September (!) fertig sein soll. Dabei dauert ein solcher Neubau einer Fabrik normalerweise zwei Jahre.

Was das für die Sicherheit bedeutet, wenn ein Chemiewerk unter so irrsinnigem Zeitdruck errichtet wird, mit unglaublicher Arbeitshetze und Urlaubssperre für alle beteiligten Arbeitenden, kann man sich ausrechnen. Es provoziert regelrecht Baumängel und Versäumnisse, die irgendwann das nächste Unglück auf Kosten der Arbeiter und der Anwohner verursachen könnten… nur weil es für die Bosse der Autoindustrie die einfachste und billigste Lösung ist.

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