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Nr. 76, Juni 2015 - Ihre Gesellschaft

Man lernt auch, wenn die Kita geschlossen ist

Am Samstag, dem 13. Juni, wollen erneut einige tausend Beschäftigte der städtischen Kitas und des offenen Ganztags für eine dauerhafte Lohnerhöhung um rund 10% demonstrieren. Vier Wochen hatten sie zahlreich und unbefristet gestreikt und dabei viel Zustimmung und Solidarität erhalten. Selbst die Mehrheit der Eltern, die ja die Hauptbetroffenen des Streiks waren, unterstützten sie.

Doch die herrschenden Politiker, die – wenn es um die einfache Bevölkerung geht – immer nur sparen, sparen, sparen wollen, wollten die Forderung der Erzieherinnen um keinen Preis erfüllen, nicht einmal teilweise. Nachher könnte dies noch Arbeitende anderer Berufe auf die Idee bringen, ebenfalls für höhere Löhne zu streiken!
Daher hat sich die Politik dafür entschieden, den Streik auszusitzen und zu warten, bis die Streikenden und Eltern nicht mehr können.
Am Ende hat sich die Gewerkschaft auf eine Schlichtung eingelassen. Doch wenn die Politiker schon während des Streiks unnachgiebig waren – was ist dann von der Schlichtung zu erwarten, während der nicht einmal mehr gestreikt wird und daher gar kein Druck mehr auf die Politiker ausgeübt wird? Daher will ein Teil der Erzieherinnen zumindest am Samstag weiter demonstrieren.

Keiner weiß heute, wie es nach der Schlichtung weitergehen wird. Doch viele Erzieherinnen sind überzeugt, dass ihr Kampf in jedem Fall richtig und wichtig war. Und dass sie in ihm Erfahrungen für die Zukunft gesammelt haben.
Erfahrungen, was ein Streik überhaupt ist und wie man ihn nach außen tragen kann. Dass die herrschenden Politiker wirkliche Gegner der Arbeitenden sind. Und umgekehrt, wie viel Solidarität es von der einfachen Bevölkerung gab und wie wichtig diese ist.
Der Streik der Kita-Beschäftigten war außerdem kein Abwehrkampf gegen Angriffe. Er hat allen Arbeitenden vorgelebt, dass die Arbeitenden auch offensive Forderungen stellen, echte Verbesserungen fordern und für diese auch konsequent streiken können.
Und wenn diese Idee auch nur bei einigen Arbeitenden anfängt, sich ihren Weg zu bahnen, dann haben wir alle was gewonnen.

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