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Nr. 120, Juni 2019 - Leitartikel

AfD und auch Grüne: bereit, die Politik für die Konzerne fortzusetzen

Nachdem SPD und CDU bei der Europawahl weitere Millionen Stimmen verloren haben, glichen sie wochenlang aufgeschreckten Hühnern: Ob und wie sollten sie die Große Koalition fortsetzen? Und die SPD, die mit Schulz und Nahles bereits zwei Parteivorsitzende in anderthalb Jahren verschlissen hat, sucht verzweifelt nach jemandem, der ihrer Partei ein „neues Gesicht“ geben soll. Ein vergebliches Unterfangen!

Jahrzehntelang waren Konservative und Sozialdemokraten an der Regierung und haben beide die gleiche arbeiterfeindliche Politik gemacht. Mittlerweile haben sie so das Vertrauen der Bevölkerung verloren. Und das nicht nur in Deutschland, sondern quasi überall in Europa. Der Niedergang der SPD geht dabei noch viel schneller als der der CDU. Denn ihre Wähler waren die Arbeiter – also die, die am meisten unter den Sparplänen, der Rente mit 67 oder den Hartz-Gesetzen leiden müssen.

Dass die SPD in ferner Vergangenheit mal eine Partei der Arbeiter gewesen war, hat ihr noch lange Sympathie unter den Arbeitenden eingebracht. Doch sie hat dieses Vertrauen benutzt, um den kapitalistischen Staat zu verteidigen. Die SPD hat die Illusion verbreitet, dass wir Arbeitenden nicht kämpfen, sondern nur „richtig wählen“ müssten – und dann würde sich die SPD um all unsere Probleme kümmern.
Doch an der Regierung hat die SPD stets allzu deutlich bewiesen, was sie wirklich ist: Eine Partei, die die Stimmen der Arbeiter missbraucht, um für die Kapitalisten Politik zu machen. Sie hat ihre Glaubwürdigkeit restlos verspielt.

Die Grünen haben einst mit der SPD regiert und mit ihr die Hartz-Gesetze, Kriegseinsätze und auch die Verlängerung der Braunkohle durchgesetzt. Doch es ist ihnen trotzdem noch mal gelungen, sich als „neue“ Hoffnung darzustellen, wobei sie insbesondere von der berechtigten Sorge über den Klimawandel profitieren.
Seit dem Wahlerfolg der Grünen tun fast alle Parteien so, als gäbe es für sie nichts Wichtigeres, als den Klimawandel zu bekämpfen. Doch was schlagen sie vor?
Eine neue CO2-Steuer, die die Heiz- und Spritkosten noch weiter in die Höhe treibt! Eine Steuer auf Plastik, bei der die arbeitende Bevölkerung an der Supermarktkasse dafür bezahlen soll, dass die großen Lebensmittelkonzerne ihre Waren dreifach verpacken. Gleich zwei neue Verbraucher-Steuern also, die das tägliche Leben noch teurer machen. Als ob nicht schon genug Arbeiterfamilien lange vor Monatsende das Geld ausgeht!

Die Konzerne aber, die im Gegensatz zu uns die Macht haben zu entscheiden, was zu welchen Bedingungen produziert und transportiert wird, mit wie viel Plastik und CO2, will niemand antasten. Im Gegenteil, ihnen will man Milliarden an Steuern schenken – um ihnen angeblich zu „helfen“, umweltfreundlicher zu produzieren.
Ihre „Klimapolitik“ ist nur ein neuer Name dafür, die Reichen reicher und die Arbeiter ärmer zu machen. Mit Bekämpfung des Klimawandels hat das nichts zu tun.

Für die Konzerne zählt nur der Profit. Solange sie Gewinn machen, ist ihnen egal, ob sie damit die Gesundheit ihrer Arbeiter oder einen Landstrich zerstören. Und erst recht, ob dies in 20 Jahren die Umwelt zerstören könnte. Wer also nicht bereit ist, sich gegen die Kapitalisten und ihre Profitlogik zu stellen, kann nichts Ernsthaftes gegen den Klimawandel unternehmen. Doch das kommt für die Grünen genauso wenig in Frage wie für die anderen herrschenden Parteien.

Der einzige Beitrag der Grünen besteht darin, die hohen Strom- und Spritpreise, den erzwungenen Konsum-Verzicht der ärmeren Bevölkerung und die Entlassungen bei RWE oder Daimler moralisch im Namen des „Klimaschutzes“ zu rechtfertigen... während die Kapitalisten sich seelenruhig weiter bereichern und den Planeten zerstören können.

Kann es da verwundern, dass immer mehr Menschen nur noch Abscheu empfinden für die Arroganz und all die Lügen der herrschenden Parteien? Für das ganze politische System, in dem die Wahlen nur eine Zirkusshow sind, die verschleiern soll... dass sich in Wahrheit gar nichts ändert?

In ganz Europa machen sich dies rechtsextreme, ausländerfeindliche Parteien zu Nutze. Diese Parteien tun so, als wären sie gegen das System und werben stattdessen für einen „starken Staat“, der durchgreift. Doch er soll für die Kapitalisten durchgreifen! Überall, wo diese Parteien an der Regierung sind, haben sie die Arbeitszeiten verlängert, beim Lohndrücken geholfen und die Rechte der Gewerkschaften eingeschränkt.
Denn dass die Arbeiter ihre Meinung äußern, sich organisieren und sich gegen ihre Bosse wehren, gehört zu den ersten Dingen, die alle rechtsextremen Regime zu verhindern suchen.

Diese bedrohliche Entwicklung wird keine Partei verhindern, die wie die Grünen oder eine Neuauflage der SPD die Arbeitenden nur wieder betrügen und enttäuschen wird. Was uns fehlt, ist eine wirkliche Partei der Arbeiterinnen und Arbeiter. Eine Partei, die ehrlich sagt, dass Wahlen keine Veränderung bewirken, aber dass wir über andere Mittel verfügen, etwas zu ändern.

Denn Millionen Arbeitende können eine riesige Kraft werden, wenn sie sich zusammentun. Was ihnen hierfür heute fehlt, ist einzig das Bewusstsein, dass sie alle gemeinsame Interessen haben. Und dass sie mit ihrer wichtigen Rolle in der Wirtschaft die Macht haben, heute die Angriffe der Konzerne und Regierungen abzuwehren und morgen ihre gesamte Herrschaft in Frage zu stellen. Eine Partei, die hilft, dieses Bewusstsein zu entwickeln, gilt es aufzubauen.

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