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Nr. 56, September 2013 - Internationales

Die syrische Bevölkerung ist das Opfer von Assads Armee, von den Rebellen und den Machtspielen der Großmächte

Noch vor wenigen Tagen schien ein Militärschlag gegen Syrien immer näher zu rücken, angeblich zur Bestrafung eines Einsatzes von Chemiewaffen. Doch die meisten Staaten in Europa und den USA zögerten.
Sie ergriffen daher bereitwillig die Gelegenheit, als der syrische Diktator auf den Vorschlag Russlands hin zusicherte, seine Chemiewaffen unter internationale Aufsicht zu stellen und zu vernichten. Nun wird mit großem Brimborium darüber diskutiert, ob dies durchführbar und eine mögliche „politische“ Lösung des Syrien-Konflikts sein könne, während gleichzeitig weiterhin die Drohung eines Militärschlags aufrecht erhalten wird.

Bei all diesen Überlegungen geht es den imperialistischen Staaten nicht um die syrische Bevölkerung. Sicher, Chemiewaffen sind grausam. Doch das Morden mit den „normalen“, „erlaubten“ Waffen hat in den letzten zwei Jahren 100.000 Tote gefordert. Und dieses „legale“ Morden, dieser grausame Bürgerkrieg in Syrien geht weiter.
Und käme doch noch ein Militärschlag der imperialistischen Staaten dazu, dann würde alles noch schlimmer. Dann kämen zu den Kalaschnikows und Granaten von Regierungstruppen und Rebellen noch die Bomben der Westmächte, kämen tausende weitere Tote, noch mehr Zerstörung und noch mehr Zivilisten, Frauen, Kinder, Männer, die verzweifelt in die Nachbarländer flüchten.
Nein, es geht ihnen nicht um die Bevölkerung. Ihr Taktieren, Schwanken und Zögern rührt daher, dass die westlichen Großmächte selber nicht wissen, wie sie am besten ihre Interessen in Syrien und der ganzen – strategisch so wichtigen und erdölreichen – Region aufrecht erhalten können.

Jahrelang war der Diktator Assad eine wichtige Stütze für die Westmächte. Bei Staatsbesuchen in Paris oder Berlin diskutierte man mit „Herrn Präsident Assad“, wie man ihn damals nannte, über die „Ordnung“ in der Region.

Mit dem „arabischen Frühling“ begannen auch in Syrien hunderttausende Menschen wochen- und monatelang gegen die Diktatur und für mehr Freiheit zu protestieren. Assad hat die Protestierenden ohne Pause mit seiner Armee bekämpft. Nach und nach haben sich die Proteste so in einen Bürgerkrieg verwandelt, in dem immer mehr bewaffnete Banden an die Stelle der einfachen Bevölkerung getreten sind. Bewaffnete Banden – Islamisten oder auch einfach nur Banditen – die umso stärker wurden, da sie aus anderen Ländern, auch von Verbündeten der westlichen Staaten wie der Türkei, mit Waffen versorgt wurden.

Zweieinhalb Jahre sind nun vergangen. Doch Assads Regierung hat sich noch immer gehalten. Und einige Rebellentruppen der „Opposition“ haben ihrerseits bereits so barbarische Grausamkeiten gegen die normale Bevölkerung verübt, dass sie einen Teil der Bevölkerung in die Arme Assads zurückgetrieben haben.

So stehen die imperialistischen Mächte heute vor einem Dilemma, das sie selber mit geschaffen haben: Assad gewinnen zu lassen, würde bedeuten, sie müssten eine offene Niederlage eingestehen. Doch ihn zu stürzen bedeutet, ein Sammelsurium an einzelnen unkontrollierbaren islamistischen Banden an die Macht zu bringen, die den Westmächten ebensowenig Stabilität und Ruhe bieten.

Die Opfer sind die Menschen in Syrien, die zwischen Regierungstruppen, bewaffneten Banden und Machtspielen der großen Mächte aufgerieben werden und für die jede Seite nur Horror, Gewalt und Unterdrückung bringt.

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