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Nr. 167, Juli 2023 - Internationales

Der Putschversuch der Wagner-Söldner in Russland – und die vielsagenden Reaktionen der westlichen Staaten

Zwei Wochen nach dem Putschversuch der Wagner-Söldner sind dessen Hintergründe noch immer undurchsichtig und ungewiss – ebenso wie die Frage, wie es jetzt mit der Söldner-Truppe und ihrem Anführer Prigoschin weitergeht. Eines jedoch hat er sehr klar gezeigt: Putins Macht ist durch den Krieg spürbar geschwächt.

Prigoschin, der sich dank Putins Unterstützung von einem Sträfling in einen mächtigen Unternehmer verwandeln konnte, war lange eine rechte Hand Putins. Im Ukraine-Krieg wurden seine Söldner zu Putins berühmtester Vorzeigetruppe. Doch mehr und mehr hat er sich gegen die russische Armeeführung und dann auch gegen Putin gestellt. Und er hätte mit seinen Söldnern kaum widerstandslos mehrere hundert Kilometer nach Russland eindringen können, wenn er dort nicht mindestens über passive Unterstützung verfügt hätte.

Prigoschin genoss wohl Sympathie in Teilen der Bevölkerung, weil er immer wieder offen die Armee-Führung für ihre Kriegsführung kritisiert hat und dafür, dass sie die Soldaten verheizt. Doch Prigoschin fand wohl auch durchaus Anklang bei einem Teil des russischen Machtapparats, der zunehmend unzufrieden mit der Dauer und den wenigen Erfolgen des Krieges ist – und der über die Ablösung Putins nachzudenken beginnt. Der Wagner-Putsch war ein erstes Anzeichen dafür, dass die Machtkämpfe im russischen Staatsapparat an Schärfe gewinnen und noch unvorhersehbare Folgen haben könnten.

Vielsagend sind die Reaktionen unserer eigenen Staatschefs darauf. Seit einem Jahr haben uns Scholz, Biden und Co. erklärt, dass die Kriegsgefahr einzig von dem „verrückten und machtgierigen Diktator Putin“ ausgehe. Und dass wir immer schlimmere Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet (nun sogar die geächtete Streu-Munition), massive Aufrüstung und explodierende Energiepreise akzeptieren müssten, um Putin zu schlagen. Doch angesichts des Putsch-Versuchs waren sie auf einmal voller Sorge, dass er gestürzt werden könnte. Denn die Wahrheit ist: Sie möchten ihren Rivalen und dessen Einfluss in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion gerne schwächen. Nur deshalb unterstützen sie die ukrainische Armee so massiv. Doch gleichzeitig wollen sie auf Putins Diktatur derzeit nicht verzichten. Denn bislang sorgt diese wie keine andere für Ruhe in der russischen Bevölkerung, dem Staat und der gesamten Region.

Die bisherige Einmischung und kriegerische Machtpolitik der westlichen Staaten könnte dennoch dazu führen, dass – wie im Irak und im Nahen Osten – der Staatsapparat explodiert und Russland in einem Bürgerkrieg versinkt.

Um diesem Los zu entkommen, kann die russische Bevölkerung weder auf die verschiedenen Machtcliquen im eigenen Land zählen, noch auf die westlichen Staaten.
Die einzige Hoffnung besteht darin, dass der geschwächte Machtapparat der Arbeiterklasse hilft, wieder Mut zu finden, den Kopf zu heben und selber gegen den Krieg und für ihre sozialen Interessen zu kämpfen.

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