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Nr. 148, November 2021 - Leitartikel

Pandemie: Die Profitlogik gefährdet unsere Arbeitsplätze und unsere Gesundheit

Wovor führende Virologen seit Wochen warnten, ist eingetreten: Die Zahl derjenigen, die an Corona erkranken, ist in kurzer Zeit in die Höhe geschnellt. Eine zunehmende Zahl an Intensivstationen hat keine freien Plätze mehr. Diese Situation wird noch dadurch verschärft, dass es 4.000 (!) Intensivbetten weniger gibt als noch vor einem Jahr.
 
Die Impfung ist ein riesiger Fortschritt. Sie verringert die Gefahren der Krankheit enorm. Doch schon im Sommer war klar, dass Geimpfte andere anstecken können und der Impfschutz nach einiger Zeit nachlässt.
Trotzdem hat die Regierung für Geimpfte quasi alles abgeschafft: kostenlose Tests, Abstand, Quarantäne. Und auf Druck der Wirtschaft hat sie noch monatelang so getan, als wären mit der Impfung alle Sorgen ein für alle Mal beseitigt. Auch dann, als die Zahlen bereits beunruhigend hoch waren.
 
Denn Großveranstalter, Gastronomie und Diskotheken wollen keine Abstände und Höchstgrenzen mehr, sie wollen die Räume und die Kassen wieder voll haben. Vor allem jedoch wollen die Unternehmer, dass „die Produktionsabläufe“ nicht länger durch Quarantäne „gestört“ werden.

Also kommt auch weiterhin kein Geimpfter mehr in Quarantäne, auch dann nicht, wenn ein direkter Arbeitskollege oder Angehöriger erkrankt. Sogar in Krankenhäusern und Pflegeheimen werden geimpfte Pflegekräfte, deren Kinder oder Lebensgefährten an Corona erkranken, gezwungen arbeiten zu kommen, obwohl sie das Virus übertragen können!
 
Nicht zum ersten Mal in der Pandemie haben die Politiker damit die Interessen der Unternehmer über die Gesundheit der Arbeitenden und der Bevölkerung gestellt.

Und was noch hinzukommt: Indem sie im Interesse der Wirtschaft den falschen Eindruck vermittelt haben, mit zwei „Piks“ habe man die Pandemie hinter sich, haben sie nun noch mehr Zweifel an der Glaubwürdigkeit und dem Nutzen der Impfungen geschürt.

Nun beschließen Bundestag und Landesregierungen in aller Eile alle möglichen neuen Regeln. Darunter die Einführung der 3G-Regel in Bus und Bahn. Doch das hierfür notwendige dichte Netz an Testzentren wurde erst vor einem Monat total ausgedünnt, nachdem dieselben Parteien entschieden hatten, die kostenlosen Bürgertests abzuschaffen.

Vor allem wird bereits ab nächster Woche eine 3G-Pflicht in allen Betrieben eingeführt. Aber nicht etwa mit Tests in der Arbeitszeit, die die Firmen anbieten müssen. Nein, wieder mal soll die Verantwortung auf die Arbeitenden abgeschoben werden.
 
Für alle Beschäftigten in Krankenhäusern und Pflegeheimen fordern die Bundesländer außerdem eine Impfpflicht einzuführen. Diese Maßnahme ist schlicht ein Manöver, mit dem die Politik von ihrer eigenen Verantwortung für die vierte Welle ablenken will.

Gerade von den Arbeitenden im Gesundheitswesen sind überdurchschnittlich viele geimpft. Nicht sie sind schuld an den steigenden Zahlen.
Im Gegenteil, sie riskieren seit anderthalb Jahren ihre Gesundheit bei der Bekämpfung der Pandemie – und das unter Bedingungen, die durch die anhaltende verantwortungslose Sparpolitik katastrophal sind. Und nun sollten sie ihre Arbeit verlieren, wenn sie sich nicht impfen lassen?
 
Ein Teil der Kapitalisten fordert sogar schon das Recht, in allen Betrieben „2G“ einführen zu dürfen: Sprich, sie wollen alle Arbeitenden, die nicht geimpft oder genesen sind, entlassen dürfen!
Unzähligen haben sie bereits im Namen der Pandemie gekündigt oder Lohn geklaut. Und jetzt wollen sie einen weiteren Vorwand, um noch mehr Arbeitenden die Existenzgrundlage zu rauben?
 
Die Kapitalisten versuchen so die Verschärfung der Pandemie auszunutzen, um die Arbeiterklasse ein weiteres Mal anzugreifen – im Namen des „Gesund-heitsschutzes“.

Das ist besonders dreist, weil sie selber es schließlich sind, die die ganze Zeit unsere Gesundheit gefährden. Sie haben anderthalb Jahre lang gelogen und behauptet, im Betrieb gäbe es quasi keine Ansteckungsgefahr. Sie haben in der Pandemie stets nur die Schutzmaßnahmen eingeführt, die die Produktion nicht stören und möglichst wenig kosten. Sie haben sich ja sogar monatelang geweigert, auch nur kostenlose Tests für Beschäftigte anzubieten... bis die Regierung sie gezwungen hat.
 
Und nebenbei: Auch ohne Pandemie greifen sie mit ihrem Arbeitsdruck und ihren Sparmaßnahmen ständig unsere Gesundheit an.
 
Unsere Gesundheit können wir nur auf einem Weg schützen. Auf demselben Weg wie unsere Arbeitsplätze: indem wir sie gegen die Profitlogik der Unternehmer und gegen ihre Regierung verteidigen. 

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