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Nr. 42, Mai 2012 - Leitartikel

Die Kämpfe, auf die sich die Arbeitenden vorbereiten müssen

Wäre es nicht so bitter, könnte man sich glatt über die komischen Verrenkungen amüsieren, mit denen die großen Parteien uns im Wahlkampf irgendwie davon überzeugen wollen, dass sie Politik für die „kleinen Leute“ machen werden.

Da kommt dann so etwas heraus wie die „Spritpreis-Bremse“ von CDU und FDP, die keine Preise bremst. Oder der angebliche „Mindestlohn“ der CDU, der je nach Branche 8,50 Euro, 6 Euro oder auch 5 Euro die Stunde zulassen soll… und somit Niedriglöhne nicht bekämpft, sondern sie unterstützt.

Aber auch der geplante „soziale Arbeitsmarkt“ der SPD, der nichts Soziales hat: Sie will, dass das Land demnächst bis zu 40% des Lohns zahlt, wenn ein Unternehmen einen Langzeitarbeitslosen einstellt. Mit dem alten Argument, die Unternehmen würden so einfacher einstellen, helfen sie den Firmen… aber nicht denen, die ihre Arbeit verloren haben. Im Gegenteil, denn ihr Plan lädt die Unternehmen ja quasi dazu ein, noch mehr normale Arbeitsplätze zu vernichten und durch diese Jobs zu ersetzen, bei denen sie einen Arbeiter Vollzeit ausbeuten dürfen, ihm aber nur noch einen Teil des Lohns zahlen müssen.

Alle großen Parteien, die für die nächste Landesregierung in Frage kommen, wollen eine solche Politik führen: Eine Politik, die die Kapitalisten weiter dabei unterstützt, Niedriglöhne einzuführen, feste Vollzeit-Arbeitsplätze zu vernichten und mit willkürlichen Preiserhöhungen unsere Löhne, Renten und Sozialhilfen aufzufressen – und den Kapitalisten dafür auch noch Subventionen und Steuern schenkt.
Der Wunsch nach einer Alternative zu diesem ewigen Einerlei ist ein Grund für den derzeitigen Erfolg der Piratenpartei, die mit ihrem etwas anderen Auftreten frischen Wind in die Politik zu bringen scheinen.
Allerdings ist der frische Wind, den die Piraten versprechen, nicht für die arbeitende Bevölkerung gedacht. An der Wirtschaftsordnung, die auf Profit und der alleinigen Entscheidungsgewalt der Aktionäre über Banken und Unternehmen beruht, will sie nicht rütteln.

Und so haben auch die Piraten den Arbeitenden nur dasselbe uralte leere Versprechen zu bieten wie alle anderen Parteien: Nämlich dass sie die Lage der einfachen Bevölkerung verbessern und gleichzeitig (!) die Unternehmer, die Bosse der Wirtschaft und der Banken zufrieden stellen könnten.
Genau das aber kann nicht funktionieren. Es gibt keine Politik für die Arbeitenden UND die Kapitalisten. Und der frische Wind, den die arbeitende Bevölkerung dringend braucht, ist derjenige, der diese falsche Illusion vom Tisch fegt.

In dieser Gesellschaft haben die Arbeitenden und die Kapitalisten vollkommen entgegengesetzte Interessen. Den großen Aktionären, den Besitzern der Unternehmen und Banken ist das sehr bewusst. Sie führen seit Jahren einen Kampf, um ihre Interessen gegen uns durchzusetzen. Sie zwingen uns zu Niedriglöhnen, Befristung und steigender Arbeitshetze, nehmen sich immer mehr Geschenke vom Staat, der dann für uns kein Geld mehr hat. Auf diese Weise sind die Profite der Konzerne und Banken immer weiter gestiegen, werden die Reichen immer reicher.

Im Moment ist der Kampf der besitzenden Klasse gegen die arbeitende Klasse sehr einseitig. Doch irgendwann muss und wird der Punkt kommen, an dem die arbeitende Bevölkerung diese ständigen Schläge nicht mehr ertragen kann, an dem sie den Kopf heben, sich wehren und zurückschlagen wird.

Was die Arbeitenden hierfür brauchen, ist eine Partei, die hundertprozentig auf ihrer Seite steht und ihnen hilft, diese Kämpfe vorzubereiten. Eine Partei, die die Notwendigkeit solcher Kämpfe aufzeigt und die dazu beiträgt, dass die Arbeitenden sich dafür organisieren. Und vor allem eine Partei, die den Arbeitenden Ideen und Perspektiven geben kann, was sich ändern müsste, was die Arbeitenden erkämpfen müssten, damit sich ihre Lage nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft ändern kann.
An dem Tag nämlich, an dem die Arbeitenden wieder anfangen werden zu kämpfen, werden die Herrschenden versuchen, die Arbeiter mit kleinen Beruhigungspillen, mit kleinen Reformen abzuspeisen – damit wir eben nicht so weit gehen, ihre alleinige Entscheidungsgewalt über Entlassungen, Löhne und Profite, ihre Alleinherrschaft über die Unternehmen und Banken anzutasten.

Damit ihnen dies nicht gelingt und die Kämpfe der Arbeitenden Erfolg haben können, ist es lebenswichtig, dass die Arbeitenden sich wieder ihre eigenen politischen Organisationen schaffen, die ihre Interessen vertreten, ihre Perspektiven verbreiten und der arbeitenden Bevölkerung helfen, sich auf diese notwendigen Kämpfe vorzubereiten.

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