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Nr. 47, November 2012 - Leitartikel

Wir sollen Job und Lohn verlieren, damit sie ihre Gewinne behalten !?

200 Arbeiter vom belgischen Fordwerk in Genk haben am Mittwoch vor der Europa-Zentrale von Ford in Köln demonstriert. Vorletzte Woche haben sie erfahren, dass Ford ihr Werk 2014 schließen und alle 4300 Arbeiter – sowie 5000 bei Zulieferern – auf die Straße werfen will.

Gegen die Arbeiter, die ihre Empörung über die Werksschließung zum Ausdruck brachten, riefen die Firmenbosse von Ford die Polizei zur Hilfe. Die rückte auch gleich mit 100 Mann an und vertrieb die protestierenden Ford-Arbeiter gewaltsam vom Kölner Firmengelände. Und weil dabei ein paar Glasscheiben zu Bruch gingen, wollen sie 10 Arbeiter obendrein noch wegen „schweren Landfriedensbruchs“ vor Gericht zerren.

Die Arbeiter, die sich gegen ihre Entlassung wehren, werden für kriminell erklärt, weil ein paar Glasscheiben kaputt gingen. Aber dass die Manager von Ford einfach die Existenz von tausenden Arbeitern kaputt machen, das ist legal und wird von der Polizei beschützt!

Ford und andere Autokonzerne haben eine regelrechte Massenvernichtung an Arbeitsplätzen und Werken in Europa begonnen: Opel will nach 2016 keine Autos mehr in Bochum bauen. Peugeot-Citroen schließt 2014 ein Werk in Frankreich. Und Ford schließt 2014 auch noch zwei Werke in England.
Alle Autokonzerne behaupten, sie „können nicht anders“. Die Wirtschaftslage sei so schlecht. Deshalb müssten sie Werke schließen. Sie wollen aber trotzdem genauso viele Autos produzieren. In den übrigen Werken sollen daher die Arbeiter noch mehr und schneller arbeiten: mit Nachtschichten, Wochenend-Arbeit, schnellerem Fließband...

Die Autokonzerne können nicht anders? Von wegen. Sie alle haben schließlich in den ganzen letzten Jahren und Jahrzehnten Milliardengewinne gemacht. Auch General Motors (Opel), die immer über „schlechte Zahlen“ jammern, hatten allein im letzten Jahr 7 Milliarden Gewinn. Falls die Marktlage also derzeit wirklich etwas schlechter sein sollte, könnten sie sich auch einfach mal mit etwas weniger Gewinn begnügen oder was von den Milliardenprofiten der letzten Jahre ausgraben.
Aber das Gegenteil ist der Fall. Sie wollen ihre Milliardengewinne auch in der Krise behalten und deshalb sollen die Arbeitenden die ganze Krise bezahlen: Indem die Konzerne Arbeitsplätze vernichten, die Arbeitshetze hochschrauben, außerdem Leiharbeit, Befristung und Niedriglöhne ausbauen.
Daimler zum Beispiel macht statt den 8,8 Milliarden Euro im Vorjahr dieses Jahr „nur“ 8 Milliarden Euro Gewinn – und prompt wollen sie 2 Milliarden Euro bei den Arbeitenden einsparen!

Das alles ist selbstverständlich keine Spezialität der Autoindustrie. In den übrigen Branchen sieht es nicht anders aus: Ob Siemens, ThyssenKrupp, Metro oder die Deutsche Bank: Überall bereiten sich die Kapitalisten darauf vor, dass die Krise sich verschärfen könnte und sie vielleicht weniger verkaufen werden. Und um sicher zu stellen, dass sie trotzdem in jedem Fall ihre gesamten Gewinne behalten, greifen sie jetzt schon die Arbeitenden an.

Mit diesen Angriffen auf die Arbeitenden, die sie ja schon seit Jahren führen, sorgen sie obendrein selber dafür, dass sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert und die Krise sich verschärft.

Schließlich ist es kein Wunder, dass irgendwann die Unternehmen weniger verkaufen, wenn die Leute immer weniger Lohn oder nur HartzIV zum Leben haben. Wie sollte denn eine Kassiererin bei Metro, die gerade entlassen wurde, Geld haben, um mit der Lufthansa in Urlaub zu fliegen? Wie soll sich der Leiharbeiter, der für 10 Euro die Stunde bei Opel schuftet, ein neues Auto kaufen? Oder erst die Millionen Menschen in Spanien, Griechenland oder Portugal, die man in Rekordzeit verarmt hat?

Nein, die Wirtschaft kommt nicht aus der Krise heraus, wenn wir Arbeiter die Verschlechterungen hinnehmen, im Gegenteil! All ihr Gerede davon, dass es „nicht anders gehe“, ist nichts als heuchlerische Propaganda. Es geht nämlich sehr wohl anders! Und zwar dann, wenn wir es nicht länger zulassen, dass diese Bewohner der Luxus-Klasse sich in allen Rettungsbooten breit machen, während die Mannschaft und die unteren Klassen auf dem sinkenden Schiff bleiben sollen.

Wir müssen durchsetzen, dass den Unternehmen verboten wird zu entlassen. Und dass dann, wenn wirklich mal weniger zu tun sein sollte, die Arbeit bei vollem Lohnausgleich unter allen Kollegen aufgeteilt wird, damit jeder auch in der Krise einen Job und einen anständigen Lohn zum Leben behält. Dies alles wäre problemlos möglich: Schon ein kleiner Teil der riesigen Gewinnberge, die sie auf unserem Rücken aufgehäuft haben, würde dazu ausreichen. Und so kann es für uns sehr wohl „anders gehen“.

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