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Nr. 174, März 2024 - Internationales

Haiti: Putsch der Gangsterbanden – und Manöver der USA

Der folgende Artikel ist angelehnt an einen Artikel unserer französischen Genoss*innen von Lutte Ouvrière in ihrer gleichnamigen Wochenzeitung vom 14. März 2024.

Am 12. März ist der offizielle Staatschef Haitis, den die USA 2021 eingesetzt hatten, zurückgetreten. Ein Zusammenschluss bewaffneter Gangsterbanden hat nun de facto die Macht übernommen.

Über Monate hinweg haben diese Gangs ihre Macht ausgeweitet und gefestigt. Sie haben Straßensperren errichtet und Wegezoll von den Arbeiter*innen verlangt. Sie haben Schutzgeld von kleinen und großen Betrieben kassiert und wahllos Menschen gekidnappt, um Lösegeld zu verlangen. Sie haben viele ärmere Stadtviertel übernommen und die dortige Bevölkerung durch Terror und willkürliche Morde eingeschüchtert.
Mittlerweile sind sie stark genug, um auch Polizei-kommissariate und Gefängnisse zu stürmen und westliche Botschaften anzugreifen.

Solange Morde, Vergewaltigungen und Hunger fast nur die ärmere Mehrheit der Bevölkerung trafen, haben die haitianische Bourgeoisie und die westlichen Staaten die Gangs toleriert. Tatsächlich sind viele Banden-Chefs sogar ihre ehemaligen Handlanger. Sie haben für die Reichen und Mächtigen Streiks, Arbeiterdemonstrationen und Studentenproteste niedergeschlagen oder für einen Politiker dessen Konkurrenten und seine Anhänger aufgemischt.
Andere Gangster sind ehemalige Polizeifunktionäre, die in den Drogenhandel eingestiegen sind.

Lange Zeit haben diese bewaffneten Gangs der haitianischen Bourgeoisie und dem westlichen Kapital also maßgeblich geholfen, die haitianischen Arbeiter*innen auszubeuten. Heute nun beißen die Kampfhunde ihre ehemaligen Herren und verlangen die ganze Macht. Die beiden mächtigsten Gangs haben sich verbündet und einen „Revolutions-Rat“ gegründet – in der Hoffnung, dass die USA ihn als offizielle Übergangsregierung anerkennen. Und das scheint gar nicht so unwahrscheinlich.

Nachdem der letzte von ihnen eingesetzte Staatschef nichts mehr taugt, haben US-Abgesandte bereits vorsichtig angedeutet, dass ein „Übergangs-Rat“ doch eine sinnvolle Lösung sein könnte, um das Land in die Demokratie zu führen... und man dies vielleicht auch finanziell unterstützen könne.

Wundert es einen? Die US-Regierungen haben schon ganz andere Diktaturen unterstützt, wenn sie hofften, dass diese für Stabilität sorgen könnten – sprich dafür, dass die Ausbeutung wieder „normal“ weitergehen kann. Was bei diesem Geschachere auch immer am Ende herauskommt: Die Arbeitenden und Armen Haitis wissen aus vielen Erfahrungen, dass sie von den westlichen Mächten nichts zu erwarten haben.

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