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Nr. 106, März 2018 - Leitartikel

Hinter dem „Handelskrieg“ – der Krieg gegen die Arbeiter

Ein weltweiter Handelskrieg – dieses Gespenst steht im Raum, seit US-Präsident Donald Trump die Einführung von hohen Zöllen auf Stahl, Aluminium und vielleicht auch auf Autos angekündigt hat. Warum gleich "Krieg"? Weil die anderen Staaten, allen voran die imperialistischen Großmächte und China das natürlich nicht ohne Gegenmaßnahmen hinnehmen würden. Die EU droht bereits mit der Anhebung von Zöllen.

Trump will die Zölle als Druckmittel gegen andere Staaten nutzen, um US-Konzernen zu noch mehr Profit zu verhelfen. Doch den Arbeitern und Arbeitslosen in den USA versucht er weiszumachen, er wolle ihnen helfen: Wenn man die US-Industrie durch Zölle vor der „Billig-Konkurrenz“ aus Deutschland, China oder Brasilien schützen würde, dann könnte sie mehr verkaufen und mehr Arbeitsplätze schaffen.

In Wahrheit ist die einfache Bevölkerung das Opfer dieser Politik! Denn hohe Zölle bedeuten, dass die Preise der importierten Waren steigen. In den USA werden als erstes all die Gebrauchsgegenstände aus Aluminium und Stahl teurer werden, von der Getränkedose bis zum Auto. Und falls irgendwann tatsächlich ein Handelskrieg beginnen sollte, wenn alle Industriestaaten hohe Zölle auf ausländische Produkte einführen, dann steigen überall massiv die Preise.

Hohe Zölle würden außerdem Krise und Arbeitslosigkeit verschlimmern. Schon jetzt erklärt die Auto- und Metallindustrie der USA, dass sie wegen der steigenden Metallpreise wahrscheinlich weniger verkaufen und daher bis zu 100.000 Arbeitsplätze vernichten werden. In Europa und in China drohen ihrerseits die Stahlkonzerne bereits damit, zehntausende Arbeitsplätze abzubauen.
Ein „Handelskrieg“ wäre ein Krieg gegen die einfache, arbeitende Bevölkerung in allen Ländern!

Eine solche Politik ist gefährlich für alle
Arbeiter. Dabei muss uns klar sein, dass die deutsche Regierung und die EU ebenso wenig auf der Seite der Arbeiter stehen wie die US-Regierung.
Zwar stellen sie sich heute gegen Zölle. Schließlich sind die Exporte deutscher Konzerne in die USA in den letzten Jahren enorm gestiegen. Doch dieselbe EU hat kein Problem damit, selber Strafzölle gegen ihre schwächeren Konkurrenten aus China und Indien einzuführen. Und wir haben nur zu Genüge erlebt, was die deutschen Konzerne und ihre Regierung uns Arbeitern im Namen der „Konkurrenzfähigkeit der deutschen Industrie“ alles angetan haben.

Ihr Konkurrenzkampf ist immer in erster Linie ein Kampf gegen die Arbeiter. Ob in den USA, in Deutschland oder China: Die Konzerne vernichten Arbeitsplätze, verschlimmern den Arbeitsdruck, senken Löhne... um ihren Konkurrenten überlegen zu sein und so ihre Profite zu erhöhen. Die Arbeiter aller Länder stehen in diesem Kampf auf der gleichen Seite, und alle „konkurrierenden Unternehmen“ auf der anderen. Sich dessen bewusst zu sein, ist wichtig für uns. Umso mehr, da ihr Konkurrenzkampf noch ganz andere Formen annehmen könnte.

Heute sind es nur Worte, wenn die EU von „Vergeltungsmaßnahmen“ spricht und Trump gar erklärt, er wolle im Kriegsfall „nicht aus dem Land Stahl importieren, gegen das wir kämpfen“.
Doch der Konkurrenzkampf wird in den letzten Jahren immer schärfer, denn die Absatzmärkte werden immer begrenzter. Kein Wunder: Man kann schließlich nicht aus Profitgier ganze Kontinente in die bitterste Armut stürzen und selbst in den reichen Ländern immer mehr Menschen in Armut drängen − und gleichzeitig hoffen, dass die Menschen immer mehr Geld haben, um die Produkte der Konzerne zu kaufen.

Der weltweite Kapitalismus befindet sich seit Jahren in einer Dauerkrise, und deshalb streiten sich die Konzerne immer heftiger um die Märkte. Das heutige Säbelrasseln zwischen USA und EU ist ein Ausdruck dieser Entwicklung.
In den 1930er Jahren hat die wirtschaftliche Krise bereits einmal alle Staaten dazu gebracht, hohe Zölle einzuführen, was die Krise verschlimmert hat und schließlich zu einem immer heftigeren Kampf um Absatzmärkte, Rohstoffe und Einflussgebiete führte – der in immer heftigere politischen und militärische Auseinandersetzungen mündete… bis er schließlich in dem grauenvollen Massengrab des Zweiten Weltkriegs endete.

In den letzten Jahrzehnten haben vor allem die afrikanischen und mehrere ölreiche arabische Länder leidvoll erleben müssen, wie dieser Konkurrenzkampf um Öl und Rohstoffe ihre Länder in die schrecklichsten Kriege verwickelt hat. Doch die heutigen Spannungen zwischen den USA und der EU erinnern daran, dass wir auf Dauer auch in den bislang geschützten reichen Industriestaaten nicht vor Kriegen gefeit sind.

Es ist die Funktionsweise des Kapitalismus, mit ihrer Konkurrenz und ihren Krisen, die immer wieder zum Krieg führt. Der Kapitalismus trägt „den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“, wie ein berühmter Sozialist am Vorabend des Ersten Weltkrieges sagte.
Die schreckliche Erfahrung des Ersten Weltkriegs brachte die Arbeiter jedoch auch dazu, ihre Gewehre umzudrehen und sie gegen ihre eigenen Kapitalisten und Generäle zu richten – 1917 in Russland und 1918 in Deutschland.

Zum ersten Mal in der Geschichte versuchte die Arbeiterklasse damals, den Kapitalismus zu beenden und eine Gesellschaft aufzubauen, in der die arbeitende Bevölkerung selber regiert und die Wirtschaft nicht über Konkurrenz und Profitlogik, sondern geplant nach den Bedürfnissen der Menschheit organisiert. Und dieser Weg ist der einzige, der einen Ausweg aus der Bedrohung des Kapitalismus weisen kann.

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