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Nr. 164, April 2023 - Internationales

Israel: ein erster Erfolg nach monatelangen Massenprotesten

Seit Monaten gehen in Israel jede Woche Hunderttausende auf die Straße: gegen ein Gesetz, das es der Regierung erlauben würde, sich mit einer einfachen Parlamentsmehrheit über alle Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs hinwegzusetzen. Die Demonstrierenden haben Sorge, dass dieses Gesetz der rechts bis rechtsextremen und religiös-fundamentalistischen Regierung ein gewaltiger Schritt in Richtung einer Diktatur ist.

Nachdem die Proteste immer größer wurden und es im Öffentlichen Dienst zu Streiks kam, hat die Regierung nun teilweise nachgegeben und die Reform „verschoben“. Doch dieses halbherzige Versprechen hat niemanden beruhigt. Die Proteste für den dauerhaften Verzicht auf das Gesetz gingen weiter.

Die Regierung hat daraufhin eine neue Verschärfung des Konflikts mit den Palästinensern provoziert. Mitten im Ramadan ist die Polizei in die große al-Aqsa-Moschee in Jerusalem eingedrungen. Die Regierung hatte die Hoffnung, eine Eskalation des Konflikts würde die Protestierenden dazu bringen, sich hinter sie zu stellen. Doch diese beliebte Masche der israelischen Regierung hat nicht funktioniert. Erneut sind letzten Samstag Hunderttausend auf die Straße gegangen.
Seit Jahren werden die Regierungen in Israel immer rechter und autoritärer.

Den palästinensischen Arabern, die in Israel leben, wurde längst ein Großteil ihrer demokratischen Rechte geraubt – ganz zu schweigen einer ständigen Hetze gegen sie. Den Palästinensern gegenüber ist Israel ein regelrechtes Apartheidsregime geworden. Auch die Rechte der Frauen sind immer eingeschränkter, und sie bekommen den Druck der rechtsextremen und ultra-religiösen Kräfte in der neuen Regierung immer stärker zu spüren.
Die Protestierenden befürchten, dass diese Regierung die demokratischen Rechte noch mehr angreifen wird, was zuerst alle Unterdrückten – ob Frauen, Palästinenser oder Homosexuelle treffen wird. So fordern einige der Regierungsparteien, dass „unreine Frauen“ von den Männern in der Öffentlichkeit zu trennen seien. Sie unterstützen militante Gruppen, die Palästinensern im Westjordanland ihr Land rauben und immer mehr illegale jüdische Kolonien darauf errichten. Und ein erstes Gesetz, das die Todesstrafe wiedereinführen soll und das sich besonders gegen Palästinenser richtet, wird bereits im Parlament diskutiert.

Mit der Entrechtung und Unterdrückung der Palästinenser hat sich der israelische Staat, der einst der sichere Zufluchtsort für die von den Nazis überall in Europa verfolgten Juden sein sollte, schrittweise in einen zutiefst rückschrittlichen, rassistischen Staat verwandelt. Mittlerweile sind die rechtsradikalen und ultra-religiösen Kräfte in ihm so stark geworden, dass sie immer mehr auch die jüdische Bevölkerung selbst bedrohen.
Die israelische Bevölkerung wird niemals wirklich frei sein, solange es die Palästinenser nicht sind.

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