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USA: Von der Gesundheitskrise zum wirtschaftlichen Zusammenbruch

Der folgende Artikel ist die Übersetzung eines Artikels unserer französischen Genossen von Lutte Ouvrière, erschienen in ihrer gleichnamigen Zeitung am 5. Mai 2020.

Die Epidemie wütet weiter in den USA, und zu dieser Gesundheitskrise kommt eine wirtschaftliche Krise ohne Gleichen hinzu. Am 3. Mai zählte das Land offiziell 68.000 Tote. Und die reale Zahl der Toten liegt, wie in vielen Ländern, noch deutlich höher.
Täglich stecken sich rund 30.000 Menschen an, und auch diese Zahl geht nicht zurück. Die Großstädte sind besonders hart getroffen. Der Staat New York mit seinen 19 Millionen Einwohnern zählt bereits mehr als 24.000 Tote.

Die Epidemie trifft vor allem die Ärmsten. In den Schlachthöfen und der Lebensmittelindustrie zum Beispiel ist sie besonders tödlich. In einer Fleischfabrik in Süd-Dakota sind über 1.000 Arbeiter erkrankt, die meisten von ihnen Immigranten. Viele Schwarze sind unter den Opfern. Und auch die Gefängnisinsassen sind besonders von der Epidemie betroffen.

Tausende Betriebe haben geschlossen oder sind Bankrott gegangen. Anders als die europäischen Staaten haben die USA keine Kurzarbeiterregelungen eingeführt. Dutzende Millionen Arbeitende wurden entlassen. Zum 30. April hatten sich 30 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet, um Arbeitslosengeld zu erhalten. Hinzu kommen rund 10 Millionen Arbeitslose, die keinen Zugang zu den Internetseiten oder den Büros der Arbeitsämter bekommen haben, und vielleicht noch 20 Millionen weitere, die kein Anrecht auf Arbeitslosengeld hätten und daher in den Statistiken gar nicht gezählt werden. Insgesamt haben so 50-60 Millionen Menschen brutal ihre Arbeit verloren – so viel wie in den 1930er Jahren, nach vier Jahren Weltwirtschaftskrise. Doch diesmal ist die Wirtschaft innerhalb von sechs Wochen so massiv eingebrochen. Die Schlangen an den Lebensmittel-Ausgabestellen für Bedürftige sind gigantisch. Rund 38 Millionen Amerikaner sind derzeit auf diese kostenlosen Lebensmittelspenden angewiesen.

Die Arbeitslosen werden ihre Kredite nicht weiter bedienen können, was eine Bankenkrise auslösen könnte. Die Zukunft des Öl-Sektors ist ebenfalls unsicher. Das Fracking, mit dem das amerikanische Öl gewonnen wird, ist nur rentabel, wenn der Ölpreis bei mindestens 35 Dollar (32 Euro) pro Barrel liegt. Doch aufgrund des fallenden Ölpreises, was durch die derzeitige Krise massiv beschleunigt wurde, liegt der Ölpreis heute bei 25 Dollar (23 Euro). Dieser Sektor droht zusammenzubrechen, was weitere Millionen Arbeitslose bedeuten würde. Die Städte und Gemeinden, für die jeder Zehnte in den USA arbeitet, haben sehr viel weniger Einnahmen und dafür explodierende Ausgaben und planen ebenfalls Entlassungen. Zwischen 300.000 und eine Million Beschäftigte in den Schulen, im Gesundheitswesen, bei Müllabfuhr und Wasserwerken oder öffentlichen Sicherheitsdiensten drohen ihre Arbeit zu verlieren. Im ersten Vierteljahr ist das Bruttoinlandsprodukt um 5% gefallen; im zweiten droht es um 30% zu fallen.

Bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober wird Trump also kein Kapital aus dem Wachstum und der Vollbeschäftigung ziehen können, mit denen er sich noch vor einigen Monaten gebrüstet hat. Entsprechend versucht er abzulenken und eine ausländische Macht als eigentliche Bedrohung für das Land darzustellen – eine alte und beliebte Masche in den USA. China ist derzeit die Zielscheibe Nummer eins. Die amerikanische Staatsmacht lässt durchblicken, dass Peking Informationen über die Ausbreitung des Virus verheimlicht haben könnte, ja sogar, dass das Virus aus einem Virologie-Labor in Wuhan stammen würde.

Diese Kampagne ist auch Teil des vor drei Jahren begonnenen Handelskrieges. Am 1. Mai hat Trump entsprechend den Kauf von elektrischen Geräten verboten, die „von ausländischen Feinden“ hergestellt wurden – wobei mit diesen ausländischen Feinden China gemeint ist. Eine andere Zielscheibe ist Kuba. Staatssekretär Mike Pompeo hat ebenfalls Staaten wie Katar oder Südafrika kritisiert, die die Unterstützung kubanischer Ärzte im Kampf gegen das Virus annehmen und hat sie aufgefordert, dem kubanischen Regime keinen einzigen Dollar zu zahlen. Die USA halten seit sechs Jahrzehnten das Embargo gegen Kuba aufrecht und hoffen, das kubanische Regime eines Tages stürzen zu sehen. Venezuela haben sie ebenfalls im Visier. Trump arbeitet seit Monaten daran, die venezolanische Regierung zu stürzen, die ihm nicht gehorsam genug ist und bereitet hier vielleicht sogar eine Militärinvasion vor. Auch der Iran ist eine potenzielle Zielscheibe.

Es kann sein, dass es bei diesen kriegerischen Äußerungen aus dem Mund eines Maulhelden bleibt. Doch die wachsenden Spannungen können auch in reale Konflikte münden. In den USA wie anderswo hat die Pandemie bereits Folgen, die bei weitem über die Ebene der gesundheitlichen Probleme hinausgehen.